Ab heute sind wir ehrlich

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Bella Italia ist immer wieder gut für pointenstarke Polit-Komödien. Diese smarte Korruptions-Satire traf den Nerv des heimischen Publikums und lockte am Startwochenende über 500.000 Besucher. Ein bestechlicher Bürgermeister mit beachtlicher Berlusconi-Ähnlichkeit verliert überraschend die Wahl in einer sizilianischen Kleinstadt. Sein idealistischer „Yes we can“-Gegenspieler sorgt, wie versprochen, alsbald für Ordnung und Gesetzestreue. Kaum hagelt es Strafmandate, will das Wahlvolk den kuscheligen Korruptionssumpf zurück. Mit flottem Tempo samt gelungener Situationskomik entwickelt das populäre Comedian-Duo Ficarra und Picone seine Polit-Satire, wie sie nur Bella Italia so charmant beherrscht - die pompöse Palaver-Parade bleibt dank OmU zum Glück erhalten.

Webseite: www.kairosfilm.de

Italien 2017
Buch und Regie: Salvo Picarra & Valentino Picone
Darsteller: Salvo Picarra, Valentino Picone, Vincenzo Amato, Tony Sperandeo, Eleonara DeLuca
Leo Gullotta
Filmlänge: 92 Minuten
Italienische Originalfassung mit deutschen Untertiteln
Verleih: Kairos Filmverleih
Kinostart: 30.1.2019

FILMKRITIK:

„Wähle Patanè! Frag dich nicht, warum!“ - unschlagbar ehrlich sind sie immerhin, die Wahl-Slogans des langjährigen korrupten Bürgermeisters Gaetano Patanè aus dem sizilianischen Provinznest Petrammare. Als optischer Berlusconi-Abklatsch verspricht der Politiker wieder einmal goldene Zeiten, derweil Schlaglöcher und Müllberge die Bewohner plagen. Die vorübergehende Festnahme wegen Korruption ist allenfalls lästig, „Ich gewinne auch unter Hausarrest!“ grinst Patanè siegessicher. Denkste. Das Volk probt prompt den Aufstand, kegelt den Bonzen aus dem Amt und wählt überraschend den lokalen Lehrer Pierpaolo Natoli zum neuen Bürgermeister. Der Idealist verspricht Ordnung, Ehrlichkeit und Gesetzestreue. Das Dorf jubiliert und hat alsbald allerlei Forderungen parat. Sei es die Beerdigung für den vor drei Jahren verstorbenen Gatten, eine Playstation für das Kind oder die Genehmigung für eine opulente Vergrößerung des Eiscafes.

Bald jedoch ist Schluss mit lustig. Verkehrsünder werden fortan gnadenlos verfolgt. Die Stechuhren im Rathaus plötzlich kontrolliert. Hundhalter haben die Wege sauber zu halten. Selbst der Pfarrer muss für seine illegale Pension nun Steuern zahlen. Von der ungewohnten Mülltrennung ganz zu schweigen. Als die bislang faulen Forstarbeiter zur Arbeit ausrücken müssen, werden sie auf den Straßen verabschiedet wie Soldaten, die in den Krieg ziehen. Schließlich soll sogar die Chemiefabrik geschlossen werden. Sowie die illegalen Häuser am Meer abgerissen werden. Der bisherigen Privilegien beraubt, kippt die Stimmung unter den Bewohnern. „Bringen wir ihn um“, fordern die einen. Die anderen setzen auf jene bewährte Warnung à la Mafia-Film mit einem Schwertfisch-Kopf im Schlafzimmer. Letztlich hilft am besten eine fiese Intrige mit gefälschten Beweisen. Als des Bürgermeisters schlaue Teenager-Tochter zum Schluss eine feurige Rede auf die Ehrlichkeit hält, sollte das Happyend nicht weit sein - Denkste!

„In jedem von uns steckt ein Stückchen Rechtswidrigkeit, an die wir gewöhnt sind und von der wir vielleicht sogar ganz vergessen haben, dass sie da ist“, erläutern die beiden sizilianischen Komiker Salvo Ficarra und Valentino Picone ihr Konzept. Drehbuch, Regie und Hauptrollen übernimmt das Duo gemeinsam - und das zahlt sich auch bei ihrem fünften Kinostreich spürbar aus. Mit Leichtigkeit spielen sich die beiden die Pointenbälle zu, ohne sich dabei unangenehm in den Vordergrund zu drängen. Das Figurenkarussell ist bestens aufgestellt, vom lokalen Bonzen über den hinterhältigen Pfarrer bis zu den weinerlichen Polizisten oder jenem sinistren Stippenzieher aus dem fernen Rom.

Mit flottem Tempo, gelungenem Timing sowie hübscher Situationskomik präsentiert sich eine Polit--Komödie der amüsanten Art. Selbst jener Running Gag mit dem Behindertenparkplatz erfährt hier noch eine verblüffend ulkige Auflösung. Wie im cinema italia üblich, geraten die Dialoge zur pompösen Palaver-Parade - dank der OmU-Version fühlt man sich prompt wie beim Italiener.

Dieter Oßwald