Circles

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Eine Geschichte aus dem Balkankrieg von Zivilcourage, Schuld, Sühne und Vergebung. Von einer wahren Begebenheit inspiriert, erzählt Srdan Golubovic in seinem Drama „Circles“, wie eine heldenhafte Tat Jahre später immer noch die Schicksale von fünf Menschen bestimmt. Das intensive Spiel der Darsteller lässt den bisweilen schematischen Tonfall des Drehbuchs vergessen.

Webseite: www.circles-derfilm.de

OT: Krugovi
Serbien 2013
Regie: Srdan Golubovic
Buch: Melina Pota Koljevic, Srdjan Koljevic
Darsteller: Aleksandar Bercek, Leon Lucev, Nebosja Glogovac, Nikola Rakecevic, Hristina Popovic, Boris Isakovic
Länge: 112 Minuten
Verleih: barnsteiner
Kinostart: 17. April 2014

FILMKRITIK:

1993, während des Jugoslawienkriegs. Die Ortschaft Trebinje liegt auf dem Gebiet des heutigen Bosnien-Herzegovina, ist serbisch geprägt, doch viele bosnische Muslime leben hier. Der junge Soldat Marko (Vuk Kostic) ist für ein paar Tage zu Hause, trinkt am Morgen Kaffee mit seinem Vater Ranko (Aleksander Berck), trifft kurz seine Verlobte Nada (Hristina Popovic) und setzt sich schließlich mit seinem Freund Nabobs (Nebojsa Glogovac) auf einem belebten Platz in die Sonne.
 
Doch der Frieden währt nicht lange: Drei serbische Soldaten, darunter Todor (Boris Isakoviv), verlangen beim Kiosk von Haris (Leon Lucev) nach Zigaretten, doch die eine bestimmte Marke ist ausverkauft. Nicht der Rede wert sollte man meinen, doch genug für das Trio, den Muslim Haris zu schikanieren und schließlich zusammenzuschlagen. Nach kurzem Zögern greift Marko ein und bittet die anderen Soldaten zu stoppen.
 
Schnitt, zwölf Jahre später: In Halle lebt Haris mit seiner deutschen Frau, als er von Nada um Hilfe gebeten wird. Ihr jähzorniger Ex-Mann bedroht sie und verlangt das Sorgerecht für den gemeinsamen Sohn. In einem Krankenhaus in Belgrad wird der Arzt Nabobs in die Notaufnahme gerufen. Ein Mann hatte einen schweren Autounfall, wie sich herausstellt ist der Mann Todor. Und schließlich Trebinje, wo Ranko eine im Krieg zerstörte Kirche wieder aufbauen will. Der junge Bogdan (Nikola Rakocevic) bittet um einen Job, doch wie sich herausstellt ist er der Sohn eines der Soldaten, die Marko zur Räson bringen wollte.
 
Ein Ereignis in der Vergangenheit, dass zwölf Jahre später im Leben von fünf Menschen immer noch präsent ist. Was mit Marko geschehen ist ahnt man lange nicht, doch nach und nach wird die schreckliche Wahrheit immer deutlicher. Doch noch länger fragt man sich bei manchen der Episoden, in welchem Zusammenhang sie zum Prolog stehen. Die genauen Figurenverhältnisse bleiben lange unklar, gerade wenn man anhand der unterschiedlichen Namen nicht erkennen kann, ob es sich um einen Serben, einen Bosnier, um einen Christ oder einen Muslim handelt.
 
Für die Bevölkerung vom Balkan sind diese Unterschiede leicht erkennbar, dort ist auch die Geschichte von Marko bzw. Srdjan Aleksic, wie sein richtiger Name lautet, eine Legende, wurden Plätze und Straßen nach einem jungen Mann benannt, der über die artifiziellen Gegensätze des Krieges hinweg einen Nachbarn verteidigte und teuer dafür bezahlte.
 
Srdan Golubovic nahm diese Geschichte zum Anlass, um von Schuld, Sühne und Vergebung zu erzählen. Dafür erdachten er und seine Drehbuchautoren eine Geschichte, die zwar extrem konstruiert ist, aber dennoch funktioniert. Nicht zuletzt durch die starken Schauspieler, die auch dann die Spannung und das Interesse hochhalten, wenn man noch nicht genau weiß, in welchem Zusammenhang zum großen Ganzen sie eigentlich stehen. Dass die einzelnen Episoden von „Circles“ am Ende allesamt hoffnungsvoll ausgehen, mag man als ungerechtfertigten Optimismus kritisieren, im Kontext dieses Films aber passt es: Eine mutige Tat, wie die von Marko bzw. Srdjan nicht als Funke der Hoffnung in einem grausamen Krieg zu zeigen, wäre absurd.
 
Michael Meyns