Das geheime Zimmer

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Kleinstadtjunge Lutz und Großstadt-Göre Anna-Lena erleben zusammen ein großes Abenteuer, bei dem sie nicht nur ihre Familie, sondern auch die deutsche Geschichte besser kennen lernen. „Das geheime Zimmer“ ist das Ergebnis einer Projektarbeit mit Jugendlichen, das als solches durchaus beeindruckt, sich jedoch nur schwer mit anderen Kinoproduktionen messen kann.

Webseite: www.dgz-derfilm.de

Deutschland/2010
Regie und Drehbuch: Daniel Hedfeld, René Sydow
Darsteller: Lucas Brendle, Friederike Schlüter, Alexander Masling
Länge: 79 Minuten
Verleih: Eclipse Verleih
Kinostart: 10. April 2014

FILMKRITIK:

Schon im Jahr 2010 drehte das Kulturzentrum Lichtburg e.V. im Ruhrgebiet einen Spielfilm, der in Zusammenarbeit mit den teilnehmenden Kindern und Jugendlichen des Projekts entstand. Nun kommt „Das geheime Zimmer“ sogar bundesweit in die Kinos.
 
Der Film von den Regisseuren Daniel Hedfeld und René Sydow erzählt die Geschichte des Außenseiters Lutz (Lucas Brendle) aus der Kleinstadt Wetter, der die Sommerferien gezwungenermaßen mit der Berliner Göre Anna-Lena (Friederike Schlüter) verbringt. Gemeinsam mit Lutz’ Freund Christoph (Alexander Masling) kommen sie einem Geheimnis auf die Spur. Scheinbar hat Anna-Lenas kürzlich verstorbene Großmutter einst einen Juden in ihrem Keller versteckt. Auch Lutz’ Großvater scheint in diese Affäre verwickelt zu sein, doch die drei Kids müssen erst ein paar Abenteuer erleben, bevor sich die Fragmente zu einer großen und dramatischen Geschichte zusammensetzen.
 
Dem Film ist seine Entstehungsgeschichte deutlich anzumerken, haftet doch Kameraführung und Schnitt etwas Amateurhaftes an. „Das geheime Zimmer“ erinnert optisch stark an einen Fernsehfilm und auch das Schauspiel erreicht niemals die für die große Leinwand notwendige Überzeugungskraft. Der aufmerksame Zuschauer wird zudem Mängel in der Ausstattung entdecken, wie das Fehlen von Komparsen in Außenszenen oder das Bücherregal der verstorbenen Oma, das mit brandneuen Büchern statt alten Wälzern gefüllt ist. Die Geschichte selbst bedient sich einem recht plattem Witz, der zwar augenscheinlich kindlichen Köpfen entsprungen ist, deshalb aber nicht auch notwendigerweise andere Kinder zum Lachen bringt. Auch junge Zuschauer suchen anspruchsvollere Unterhaltung als „Das geheime Zimmer“ zu bieten hat. Nicht zuletzt existiert der Film nicht im luftleeren Raum, sondern in Konkurrenz zu großen Hollywoodproduktionen.
 
Erschwerend kommt hier die Zielgruppe hinzu. Trotz des immerhin 14 jährigen Helden wird die Geschichte über die Maßen pädagogisch und unschuldig erzählt. Da wird zwar heimlich ein Bier getrunken, doch geküsst wird nur auf die Wange und auch jenseits dessen ist die Interaktion der Protagonisten eher kindlich als jugendlich. Jugendliche in der Altersklasse der Hauptfigur dürften sich hierfür kaum interessieren.
 
„Das geheime Zimmer“ funktioniert weniger als Unterhaltungskino und deutlich besser als Lehrfilm. Gleich zu Beginn schauen Lutz und seine Mitschüler einen langweiligen Film über das Dritte Reich, dem sie weder folgen wollen noch können. „Das geheime Zimmer“ ist wie eine Antwort darauf, denn hier suchen die Kinder den Zugang zur deutschen Geschichte über ihre eigene Familie. Ihre Ergebnisse fassen sie schließlich zu einem Film zusammen, der eine deutlich stärkere Wirkung entwickelt als die Gesamthandlung. So motiviert „Das geheime Zimmer“ nicht nur dazu, sich jenseits der Schulbücher das Thema Nationalsozialismus ganz eigenständig zu erschließen, sondern auch zu kreativem Ausdruck. Lutz und Christoph sind begeisterte Hobbyfilmer und ihre Kurzfilme sind wahre Kleinode des Nachwuchs-Trashfilms.
 
Objektiv und im Kontext des zeitgenössischen Kinofilms betrachtet, ist „Das geheime Zimmer“ ein schwacher Jugendfilm. Vor dem Hintergrund seiner Entstehungsgeschichte stellt er jedoch ein sehenswertes Beispiel dafür dar, wie das Interesse junger Menschen für die deutsche Geschichte durch die aktive Mitarbeit an einem Projekt geweckt werden kann. Ob das ein Kinopublikum anzieht, ist jedoch eine andere Frage.
 
Sophie Charlotte Rieger