Ein Lied in Gottes Ohr

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Ach, wie wär das schön, würden alle Religionen miteinander harmonieren statt so viel Hass, Machtmissbrauch, Krieg hervorzubringen! In der französischen Komödie „Ein Lied in Gottes Ohr“ rückt diese Utopie ein Stück näher, als die jüdisch-christlich-muslimisch besetzte Band „Coexister“ die Charts erklimmt. Doch freilich bietet die religionsübergreifende Musik-Kollaboration auch viel Konfliktpotential, das die Bandkollegen in Form kleiner Sticheleien und handfester Provokationen austragen. Der Autor, Regisseur und Darsteller Fabrice Eboué zimmert aus dem Stoff eine muntere Komödie mit hoffnungsvoller Botschaft.

Webseite: www.ein-lied-in-gottes-ohr.de

OT: Coexister
Frankreich 2017
Regie & Drehbuch: Fabrice Eboué
Darsteller/innen: Ramzy Bedia, Fabrice Eboué, Guillaume de Tonquédec, Audrey Lamy, Jonathan Cohen, Mathilde Seigner, Amelle Chahbi
Laufzeit: 90 Min.
Verleih: Neue Visionen
Kinostart: 26. Juli 2018

FILMKRITIK:

Wenn er seinen Job behalten will, muss der Musikproduzent Nicolas (Regisseur Fabrice Eboué selbst) in nur sechs Monaten eine Band in die Charts bringen und im angesagten Pariser Club „Olympia“ auftreten lassen. Nach einer durchzechten Kostümparty kommt dem frisch von seiner Frau Alexia (Amelle Chahbi) getrennten Nicolas die unorthodoxe Idee, eine Band aus einem Rabbi, einem Pfarrer und einem Imam zu formen. Mit Samuel, Benoît und Moncef (Jonathan Coen, Guillaume de Tonquédec, Ramzy Bedia) finden Nicolas und seine flippige Assistentin Sabrina (Audrey Lamy) die passende Besetzung – auch wenn Moncef kein echter Imam, sondern ein versoffener und dauerspitzer Singer-Songwriter ist. Die skurrile Band „Coexister“ nimmt eine versöhnliche Ballade samt Musikvideo auf, doch Backstage trägt das Trio viel religiösen Zoff aus, der Nicolas den letzten Nerv raubt. Für die gute Sache raufen sich die Geistlichen schließlich zusammen und stürmen mit einem von Moncef geschriebenen Ohrwurm die Hitparade.

Ein Rabbi, ein Pfarrer und ein Imam gründen eine Band... Die Synopsis klingt wie der Anfang eines Witzes. Und tatsächlich zündet der Drehbuchautor und Regisseur Fabrice Eboué alle möglichen Pointen, die der Schulterschluss zwischen den Religionen so hergibt. Der Humor steht jederzeit im Vordergrund, wenn der depressive Samuel, der gütige Benoît und der Fake-Imam Moncef in einem Musikvideo nach Jerusalem reisen oder vor dem Hotel wie Rockstars empfangen werden.

Klar, dass auch die „Dornenvögel“-hafte Verführung des Pfarrers nicht ausbleibt und einige schlüpfrige Anspielungen wie die dauerhaft Lolli-lutschende Sabrina das religiöse Setting persiflieren. Besonders derb wird es, wenn eine Beschneidung in ein Blutbad ausartet oder eine Radiohörerin es als schönes Zeichen der Liebe empfindet, gemeinsam gegen Homosexuelle zu demonstrieren. Die Beleidigungen der Bandkollegen untereinander sorgen regelmäßig für satirische Lacher – allein die merkwürdige Schlusspointe fällt völlig unpassend aus.

Mit eingängiger Popmusik und Persiflagen auf HipHop-Videos und andere Aspekte des Musikgeschäfts liefert „Ein Lied in Gottes“ gute Unterhaltung mit einem gesellschaftlichen Anliegen. Besonders gewinnt der Film durch die klar und plastisch gezeichneten Charaktere, die nicht nur symbolisch für ihre jeweilige Religion stehen, sondern ein zwar nicht unbedingt komplexes, dafür aber immerhin individuelles Profil entwickeln.

Zur Zeit sei es heikel, etwas über Religionen zu machen, heißt es zu Beginn der Handlung. Umso rührender ist es, der religiösen Eintracht beizuwohnen, die die im Bandnamen angestrebte Koexistenz zumindest fiktional in die Tat umsetzt. Interessant wäre es zu erfahren, wie Religionsvertreter*innen auf die Komödie reagieren. Über sich selbst zu lachen wäre jedenfalls ein erster Schritt in Richtung Besserung.

Christian Horn