Kursk – Niemand hat eine Ewigkeit

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Ein politischer Thriller, stilsicher inszeniert vom ehemaligen „Dogma“-Regisseur Thomas Vinterberg. Im Fokus steht die historische Tragödie um das russische U-Boot „Kursk“, das vor neunzehn Jahren zur tödlichen Falle für die Crew wurde. Während die Seeleute ums Überleben kämpfen, versuchen ihre Familien verzweifelt, trotz massiver politischer Hindernisse, sie zu retten. Visuell einfallsreich, dialogstark sowie mit einem exquisiten Ensemble beweist der Däne eindrucksvoll, dass er auch im Genre des Katastrophenfilms zuhause ist. Gleichzeitig trägt Hauptdarsteller Mathias Schoenarts die spannende Handlung mit bewundernswerter Präsenz. In Vinterbergs Hommage an die Opfer und deren Familien brilliert auch Oscar-Preisträger Colin Firth.

Webseite: www.wildbunch-germany.de/movie/kursk

Belgien, Frankreich, Norwegen 2018
Regie: Thomas Vinterberg
Drehbuch: Robert Rodat
Kamera: Antony Dod Mantle
Darsteller: Matthias Schoenaerts, Lea Seydoux, Colin Firth, Peter Simonischek, August Diehl, Mathias Schweighöfer,  Max von Sydow, Joel Basman, Helene Reingaard Neumann, Feđa Štukan.
Länge: 117 Minuten
Verleih: Wild Bunch
Kinostart: 11. Juli 2019

FILMKRITIK:

Nur die besten Männer der russischen Marine holt das Militär an Bord des U-Boot K-141 Kursk für einen Übungseinsatz der Nato. Es ist das erste Manöver seit dem Ende der Sowjetunion. Trotz Trennung von seiner schwangeren Frau Tanya (Lea Seydoux) und seinem kleinen Sohn Mischa übernimmt Marineoffizier Mikhail Averin (Mathias Schoenarts) die Rolle des Kapitäns. Doch bevor er und die Crew der russischen Nordflotte zum Einsatz in den Barentssee aufbricht wird noch ausgiebig die Hochzeit seines Freundes (Mathias Schweighöfer) gefeiert, russisch-orthodox, mit viel Alkohol und launigen Sprüchen

Danach entschwindet der 150 Meter lange Koloss fast friedlich, wie ein sanfter Riese, für das Übungsmanöver am Horizont. Aber einen Tag später erschüttern zwei Explosionen die Kursk. und die bis dato als unsinkbar geltende K-141 Kursk sinkt immer tiefer Richtung Meeresgrund. Damit beginnt für die im U-Boot noch Lebenden ein verzweifelter Überlebenskampf. Nur 23 Männer schaffen es unter Führung von Kapitän Mikhail sich in den hinteren Teil des U-Boots zu retten. In einer der abgeriegelten hinteren Sektionen wähnen sie sich in Sicherheit. Sie haben vorerst genug Sauerstoff und Verpflegung, um durchzuhalten, bis man sie rettet.
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Nur wann wird die Hilfe eintreffen? Als die seismischen Signale des U-Bootes festgestellt werden, bietet der  britische General David Russel von der Royal Navy (Colin Firth) dem russischen Admiral Gruzinsky (Peter Simonschek) seine Hilfe an. Doch die russische Führung unter dem verknöcherten Admiral Petrenko (Max von Sydow) beharrt darauf, die Situation unter Kontrolle zu haben. Aus Angst vor Spionage und um nicht das Gesicht zu verlieren weigert man sich Hilfe von anderen Staaten anzunehmen. Die Zeit drängt, aber sie verstreicht unaufhaltsam.

Eindrucksvoll dokumentiert Regisseur Thomas Vinterberg bei dieser historischen Tragödie vor allem die Verzweiflung und Ohnmacht der bangenden Familien. Allen voran die französische Schauspielerin Lea Seydoux, die zwischen Independent-Filmen und Hollywood-Blockbustern pendelt, überzeugt in ihrer Rolle als mutige, kämpferische Ehefrau. Nicht umsonst betont der ehemalige „Dogma“-Regisseur wie wichtig ihm Familienbande und Zusammengehörigkeitsgefühl sind. „Ich war schon auf der Filmschule fasziniert von Familienleben und Zusammenhalt“, erläutert er. „Die Tragödie der Kursk kannte ich nur sehr oberflächlich“, gibt der 50jährige Däne freilich zu. „Aber eine Sache, die mir aus den Nachrichten im Gedächtnis geblieben ist, war dieses Klopfen, dieser Hilferuf.“

Und so berühren die Szenen des Überlebenskampfes der Crew emotional stark. Erneut arbeitet Vinterberg nach dem romantischen Drama „Am grünen Rand der Welt“ mit dem gefragten belgischen Schauspieler Matthias Schoenaerts zusammen. Die Mischung aus physischer Präsenz und verletzlicher Feinfühligkeit des charismatischen „belgischen Brando“ aus Antwerpen macht den streckenweise nervenzerrenden Katastrophenfilm sehenswert. „Er ist der Anführer und Verteidiger, und ein Vater für sein Team, in spirituellem und geistigem Sinne“, erklärt der Flame seine Figur des hingebungsvollen Marinekapitäns. Die Geschichte der Kursk ist last but not least auch eine über mangelnde Verantwortung und die Folgen sinnlosen Wettrüstens. Denn Heldenbilder allein taugen nicht, um das Desaster des politischen Konflikts zu erklären.

Luitgard Koch