Sex and Crime

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"Sex & Crime". Der Name ist Programm, denn Paul Florian Müller versucht in seinem Debütfilm dezidiert das zu machen, vor dem das deutsche Kino, ja, das ganze deutsche Fördersystem oft zurückschreckt: Genre. Der Ansatz ist also erfreulich, die Umsetzung in einer selbstreflexiven Krimi-Komödie ebenfalls... nun, zumindest in Momenten...

Webseite: www.sexandcrime-film.de

Deutschland 2015
Regie, Buch: Paul Florian Müller
Darsteller: Wotan Wilke Möhring, Fabian Busch, Claudia Eisinger, Pheline Roggan, Oliver Stokowski
Länge: circa 100 Minuten
Verleih: Camino Filmverleih
Kinostart: 24. März 2016
 

FILMKRITIK:

Mitten in der Nacht ruft der Bestseller-Autor Theo (Fabian Busch) seinen Freund Valentin (Wotan Wilke Möhring) an: Ein Unglück ist passiert, die Bardame Mörli (Claudia Essinger) liegt tot im Wohnzimmer des Autors. Kein Problem für Valentin, der die Leiche kurzerhand entsorgen will, zumal er weiß, dass sein Freund gerade von seiner Frau Katja (Pheline Roggan) verlassen wurde. Doch dies ist nur der Anfang einer verzwickten Konstellation, in der es um Betrug, Geld, Romanmanuskripte und natürlich vor allem um Sex und Crime geht.

Allzu viel Inhaltliches soll nicht verraten werden, denn Paul Florian Müller hat in seinem Debütfilm, zu dem er auch das Drehbuch verfasste, ein komplexes Geflecht an Verwicklungen entworfen, eine komplizierte Rückblendenstruktur, die seine Figuren und ihre Motivationen ein ums andere Mal in neuem Licht erscheinen lassen. Ein Ansatz, der nicht uninteressant ist, allerdings auch zum größten Problem nicht nur dieses deutschen Genrefilms führt: Die Vorbilder sind so deutlich zu erkennen, dass ein Vergleich unweigerlich wird. Abgesehen von der grundsätzlichen Frage, ob ein derart komödiantischer Umgang mit Mord und Totschlag, mit dem Zerstückeln von Körpern per Säge, dem Abschneiden von Gliedmaßen etc. pp., nicht tendenziell geschmacklos ist, gehört schon sehr viel Geschick dazu, die Waage zwischen Absurdität und Spannung zu halten. Selbst einem der großen Vorbilder, Quentin Tarantino, gelingt dies inzwischen nur noch bedingt, von den allermeisten Epigonen, die sich im Zuge von "Reservoir Dogs" und "Pulp Fiction" in Blut und verschachtelten narrativen Strukturen gesuhlt haben, ganz zu schweigen.

Mit zunehmender Länge verliert auch Paul Florian Müller zunehmend die Kontrolle, wird es etwas ermüdend, wenn die Spirale der Absurdität immer weiter gedreht wird. Das ist umso bedauerlicher, als "Sex & Crime" eine ganze Weile als pointierter, selbstreflexiver Film funktioniert, der treffend gegen den Druck auf Anspruch polemisiert. Der Autor Theo steht hier stellvertretend für den ambitionierten Kunstschaffenden, der einst mit anspruchsvoller Literatur reüssieren wollte, aber erst mit vermeintlichem Schund zum Bestseller-Autor wurde. Einen "Roman über eine zerrissene Funktionärsfamilie im Leipzig vor und nach der Wende" hatte Theo einst geschrieben, also genau das, was Buchpreise und in der Filmversion staatliche Förderung erhält. Die Krimis, mit denen er nun reich geworden ist, sind dagegen auch aus der Sicht des Autors Schund. Schund allerdings, der viel Spaß machen kann, wie Genrefilme oft zeigen.

Paul Florian Müllers Ansatz ist fraglos ambitioniert, das selbstreflexive Spiel eine ganze Weile durchaus gelungen, das Ziel, einen vielschichtigen Film über einen Autor zu drehen, der unfreiwillig Teil einer Geschichte wird, die er selbst hätte schreiben können, gelingt jedoch trotz mancher schöner Momente, nur bedingt.
 
Michael Meyns