True Story – Spiel um Macht

Zum Vergrößern klicken

Es ist eine Geschichte, wie sie wohl nur in Amerika passieren kann: Ein Mörder gibt sich als Reporter der New York Times aus und beginnt im Gefängnis sitzend eine intensive, merkwürdige Beziehung zu dem Journalisten. Auf dieser tatsächlich wahren Geschichte basiert Rupert Goolds „True Story - Spiel um Macht“, ein Film, der vor allem durch interessante Ansätze überzeugt, dramaturgisch allerdings ziemlich holpert.

Webseite: www.truestory-derfilm.de

USA 2014
Regie: Rupert Goold
Buch: Rupert Goold, David Kajganich
Darsteller: James Franco, Jonah Hill, Felicity Jones, Maria Dizzia, Ethan Suplee, Conor Kikot, Gretchen Mol
Länge: 99 Minuten
Verleih: Fox
Kinostart: 6. August 2015

FILMKRITIK:

Mit Anfang 30 wähnt sich der Reporter Michael Finkel (Jonah Hill) auf dem Weg zum Pulitzer Prize. Zahlreiche Titelgeschichten für das Magazin der New York Times hat er schon veröffentlicht und auch seine neueste sorgt für viel Aufsehen. Es geht um Zwangsarbeit in Afrika, doch die Geschichte hat ein Problem: Aus dramaturgischen Gründen hat Finkel es mit der Wahrheit nicht so ganz genau genommen, die Tatsachen ausgeschmückt, kurz, gelogen. Seinen Job bei der NY Times ist er damit los, im heimischen Montana, wo seine Verlobte Jill (Felicity Jones) geduldig seine Karriere unterstützt will er zur Ruhe kommen - und trifft stattdessen auf Christian Longo (James Franco). Der steht im Verdacht, seine Frau und die gemeinsamen Kinder ermordet zu haben, was noch nicht das Interesse von Finkel wecken würde. Doch als Pseudonym für seine Flucht hatte Longo ausgerechnet den Namen Michael Finkel gewählt, nur warum?
 
Finkel besucht Longo im Gefängnis und ist sofort fasziniert von dem höflichen, offensichtlich intelligenten Mann, der ihm die Exklusivrechte an seiner Geschichte verspricht. In den folgenden Monaten korrespondiert das ungewöhnliche Duo, arbeitet Finkel an einem Buch, das ihm den Erfolg zurückbringen soll, während Longo sich auf seinen Prozess vorbereitet.
 
Gerne würde man jetzt schreiben, dass sich aus dieser Konstellation ein spannender Thriller entwickelt, dass das kennen lernen von Finkel und Longo kein Zufall war, sondern Teil eines elaborierten Plans, mit dem der Mörder den Fängen des Gesetzes zu entkommen sucht. Doch ein Justizthriller ist nicht das Ziel von Rupert Goolds. Stattdessen zielt er auf Themen, die zwar auf abstrakte Weise höchst spannend sind, als Film jedoch für eher wenig Dramatik sorgen. Ums Geschichtenerzählen geht es, um das Manipulieren von Fakten, die so verändert werden, dass eine scheinbar wahre Geschichte entsteht. So wie Finkel für seine Reportagen die Wahrheit manipuliert hat, so versucht Longo nun vor Gericht eine herzzerreißende Geschichte zu erzählen, die ihn im besten Fall vor dem Gefängnis bewahren soll.
 
Eigentlich ein spannender Ansatz, der allerdings durch die willkürliche Begegnung seiner beiden Antipoden untergraben wird. Allzu zufällig wird die Verbindung von Finkel und Longo hergestellt, allzu klar ist auch der Ausgang des Prozesses, als dass wirkliche Spannung entstehen würde. Die entwickelt sich dadurch ausschließlich durch die Konfrontation zweier Menschen, die zwar durch Gefängnismauern getrennt sind, aber doch erstaunliche Ähnlichkeiten haben. Allgemeine Aussagen über die Arbeitsweise und vor allem die Psyche von Journalisten will Rupert Goold hier hoffentlich nicht machen, mit einer ironischen Pointe lässt er seinen Film jedoch enden: Eine Texttafel informiert darüber, dass Finkel nie wieder für die New York Times geschrieben hat, Longo sich jedoch auch durch Finkels Vorbild als Autor bemüht hat und sogar veröffentlicht wird – und zwar auch in der New York Times.
 
Michael Meyns