Womit haben wir das verdient?

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Kaum etwas könnte die liberale, atheistische Wienerin Wanda so schockieren, wie die Entscheidung ihrer pubertären Tochter, plötzlich ein Kopftuch zu tragen. Mit dieser Prämisse beginnt Eva Spreitzhofers boulevardeske Komödie „Womit haben wir das verdient?“, die Spitzen in allerlei Richtungen austeilt und durch Wortwitz und Humor überzeugt.

Webseite: www.neuevisionen.de

Österreich 2018
Regie & Buch: Eva Spreitzhofer
Darsteller: Caroline Peters, Chantal Zitzenbacher, Simon Schwarz, Marcel Mohab, Hilde Dalib, Pia Hierzegger
Länge: 92 Minuten
Verleih: Neue Visionen
Kinostart: 24. Januar 2019

FILMKRITIK:

Die Wienerin Wanda (Caroline Peters) lebt in einer überdrehten, aber doch gut funktionierenden Patchwork-Familie. Mit ihrem Ex-Mann Harald (Simon Schwarz) hat sie die 16jährige Tochter Nina (Chantal Zitzenbacher), dazu die aus Vietnam adoptierte Klara (Anna Laimanee), zusätzlich lebt auch ihr neuer Lover und dessen Sohn bei ihr.
 
Mit ihrer besten Freundin Elke (Pia Hierzegger) setzte sich Wanda schon früher für Emanzipation und Frauenrechte ein, doch ihre liberale Haltung wird durch eine radikale Entscheidung ihrer Tochter auf eine harte Probe gestellt: Auf einmal erscheint Nina im Schleier, möchte fortan Fatima genannt werden und behauptet, im Internet zum Islam konvertiert zu sein.
 
Zunächst versucht Wanda mit allen Methoden, ihre Tochter von deren scheinbaren Irrwegen abzubringen, doch dann beginnt sie sich intensiver mit dem Islam zu beschäftigen und findet manche Aspekte gar nicht mal so verkehrt. Doch als Nina bzw. Fatima sogar heiraten möchte, um einem schwulen islamischen Freund davor zu bewahren, ein von seinen Eltern bestimmtes Leben zu führen, hat Wanda endgültig genug.
 
Mit leichter Hand nimmt sich die Komödien erfahrene Drehbuchautorin Eva Spreitzhofer („Tigermännchen sucht Tigerweibchen“, „Heute heiratet mein Mann“) einem komplexen und komplizierten Thema an. Dass sie dabei Spitzen in alle Richtungen verteilt, sowohl den bisweilen überdrehten Gestus einer Patchworkfamilie satirisch überhöht, als auch Breitseiten auf die katholische Kirche abgibt, macht die Beschäftigung mit Formen des Islam erst möglich.
 
Der Gefahr, sich über einen Glauben lustig zu machen, andere Lebensformen ins lächerliche zu ziehen, entgeht Spreitzhofer durch geschickt eingebaute Nebenfiguren, die einen differenzierten Blick ermöglichen. Vor allem die Mutter einer islamischen Freundin Ninas ist es, die einen ganz anderen Islam lebt, als den, den Nina im Internet gefunden hat. So ist es die bürgerliche Wienerin, die auf einmal viel radikaler lebt als die eigentliche, die gebürtige Muslima.
 
Zwar erinnert das bunte Treiben immer wieder an das leichte, oft aber auch etwas oberflächliche Geschehen einer Boulevardkomödie, wozu auch die eher unauffällige Regie beiträgt, doch die Spielfreude des Ensembles macht dies mehr als wett. So ist „Womit haben wir das verdient?“ eine kurzweilige Komödie, die viele zeitgeistige Themen anreißt, diese zwar nicht unbedingt in ihrer ganzen Komplexität behandelt, aber durch seinen Wortwitz und Humor überzeugt.
 
Michael Meyns