Der Doktor aus Indien

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Die richtige Ernährung, ein stimmiges Verhältnis zur Umwelt und das Gleichgewicht von Geist und Körper – der traditionellen Medizin Ayurveda zufolge, führt all dies zu einer besseren Gesundheit und einem ausgeglichenen Inneren. Die liebevoll umgesetzte, mit reichlich Archivmaterial angereicherte Doku „Der Doktor aus Indien“ befasst sich ausgiebig mit den Kernelementen dieser sehr alten, alternativen Behandlungsmethode. Und mit dem Mann, der das Ayurveda-Heilverfahren in den 70er-Jahren aus ihrem Schattendasein befreite und in der westlichen Welt populär machte.

Webseite: mindjazz-pictures.de

USA 2018
Regie: Jeremy Frindel
Drehbuch: Jeremy Frindel
Darsteller: Dr. Vasant Lad, Deepak Chopra, Robert Svoboda, David Frawley, Claudia Welch
Länge: 89 Minuten
Kinostart: 23. August 2018
Verleih: mindjazz pictures

FILMKRITIK:

„Der Doktor aus Indien“ – das ist Dr. Vasant Lad, dem schon als Junge vom Guru seiner Familie vorhergesagt wurde, dass er bei der Verbreitung dieses 5000 Jahre alten Verfahrens eine entscheidende Rolle spielen werde. Er habe „eine Mission“, sagte der Guru. Und so kam es. In den 70er-Jahren ging Lad in die USA, um Ayurveda erfolgreich zu „exportieren“. Die größte Herausforderung dabei war, eines der ältesten Heilverfahren der Welt in eine vorhandene, moderne medizinische Landschaft zu integrieren. Die Doku schildert diesen Kampf, ergründet Lads Motivation sowie Glaubensgrundsätze und lässt einige seiner wichtigsten Wegbegleiter zu Wort kommen.

Der Regisseur des Films, Jeremy Frindel, war viele Jahre als Sound Mixer und Operator an unterschiedlichsten Filmprojekten beteiligt: von Musik-Dokus über Komödien bis hin zu Actionfilmen. 2012 feierte er mit „One Track Heart“ sein Debüt als Filmemacher. Darin porträtierte er einen US-Rock’n’Roll-Musiker, der nach Indien auswanderte und den exzessiven Lebensstil vergangener Tage hinter sich ließ. „Der Doktor aus Indien“ ist sein erster Film seit „One Track Heart“.

„Ayurveda ist die Kunst, in Harmonie mit seiner Umgebung zu leben“, sagt Vasant Lad an einer Stelle und bringt damit den Kerngedanken der ayurvedischen Medizin auf den Punkt. Was sich genau dahinter verbirgt und um was für ein komplexes, äußerst vielschichtiges Heilverfahren es sich dabei handelt, arbeitet der bedächtig erzählte Film Stück um Stück und mit viel Geduld heraus. Dabei geht Frindel aber nie derart in die Tiefe, dass es unverständlich wird oder der Zuschauer den Überblick verliert. Vielmehr widmet er sich äußerst besonnen und mit Hingabe den wichtigsten Techniken und Kernelementen von Ayurveda.

Frindel begleitet seinen Protagonisten z.B. zu Seminaren, blickt ihm bei Fort- und Weiterbildungen angehender Ayurveda-Heiler über die Schulter und ist hautnah dabei, wenn Lad seine Patienten behandelt. In diesen sehr intimen „Sitzungen“ erfährt der Betrachter am nachdrücklichsten, wie Lad arbeitet und was Ayurveda auszeichnet. Lad wendet Massagen und spezielle Reinigungstechniken an, arbeitet physiotherapeutisch und macht auch spirituelles Yoga zu einem Bestandteil seiner Methodik. Darüber hinaus gibt er sein Wissen in Pflanzenheilkunde und Ernährungslehre weiter. Mit beachtlichem Erfolg: In einigen der emotionalsten Szenen ist zu sehen, wie schmerzgeplagte Patienten dank Lads Behandlung endlich Besserung erfahren – und ihnen vor der Kamera Tränen des Glücks und der Erleichterung entweichen. 

„Richtiges Essen ist die richtige Medizin“, so lautet ein Grundprinzip in Lads ganzheitlichem Ansatz. Im Film ist zu sehen, wie er diesen Satz ganz zu Beginn seiner „Mission“ in den USA bei einem Vortrag zu einer skeptisch dreinblickenden Gruppe von Zuhörern sagt. „Der Doktor aus Indien“ beinhaltet vieler solcher spannenden Original-Aufnahmen aus Privat- und Behördenarchiven, gerade aus jenen Anfangstagen aus den 70er-Jahren. Eine Zeit, in der man im Westen noch nie etwas von Ayurveda gehört hatte. Und viele, wie eine andere Szene aus einem frühen Seminar nahe legt, den Begriff noch nicht einmal korrekt aussprechen und schreiben konnten.

„Der Doktor aus Indien“ ist ein mit Leidenschaft für sein Sujet umgesetzter, emotionaler Film, der reich an Stimmungen und Eindrücken ist. Da hätte es die aufdringliche musikalische Untermalung mit oft sehr kitschigen, romantisierenden Hintergrundklängen und seichten Harmonien gar nicht gebraucht. Die Musik verleiht einigen Szenen nämlich etwas unnötig Bedeutungsschwangeres und Pathetisches.

Björn Schneider