Der Vorname – Sönke Wortmann

Zum Vergrößern klicken

Ein mehr als ungewöhnlicher Vorname ist Auslöser eines Familienstreits, der im Lauf eines Abendessens immer extremer wird. Basierend auf dem gleichnamigen französischen Film haben Sönke Wortmann und seine vier Hauptdarsteller viel Spaß, sich in „Der Vorname“ allerlei Bosheiten an den Kopf zu werfen, mit denen Scheinheiligkeiten und Vorurteile entlarvt werden.

Webseite: www.facebook.com/vorname.film/

Deutschland 2018
Regie: Sönke Wortmann
Buch: Claudius Pläging basierend auf „Le Prénom“ von Alexandre de La Patellière und Matthieu Delaporte
Darsteller: Christoph Maria Herbst, Florian David Fitz, Caroline Peters, Janina Uhse, Justus von Dohnányi, Iris Berben
Länge: 91 Minuten
Verleih: Constantin
Kinostart: 18. Oktober 2018

FILMKRITIK:

Adolf soll der Spross von Thomas (Florian David Fitz) und Anna (Janina Uhse) heißen, eine Idee, die bei Freunden und Verwandten für das erwartbare Entsetzen sorgt. Bei einem Abendessen mit seiner Schwester Elisabeth (Caroline Peters), ihrem Mann Stephan (Christoph Maria Herbst) und dem alten Familienfreund René (Justus von Dohnányi) enthüllt Thomas die Namenswahl, die Auslöser erhitzter Diskussionen ist.
 
Um die Frage, wie lange ein Name durch die Verbrechen eines Trägers dieses Namens Tabu bleiben muss, geht es zunächst, doch die Diskussion wird schnell persönlicher. Der Schulabbrecher Thomas wirft dem sehr von sich überzeugten Hochschulprofessor Stephan seine offensiv zur Schau gestellte Bildungsbürgerlichkeit vor, Elisabeth ist wenig begeistert von Annas Oberflächlichkeit, die sich wiederum über die arg prätentiösen Namen von Stephan und Elisabeths Kindern mokiert. Und dann ist da noch die Frage, ob der Klarinette spielende René nicht doch schwul ist.
 
Wem diese Handlung bekannt vorkommt hat vor sechs Jahren vielleicht die gleichnamige französische Komödie von Matthieu Delaporte und Alexandre de la Patellière gesehen, die Sönke Wortmann eins zu eins in ein deutsches Milieu überträgt. Was zwar auch bedeutet, dass er sich angestrengt bemüht, das ursprüngliche Theaterstück filmisch aufzupeppen, in dem er seine Kamera aktionistisch um Tische und Sofas herumfahren lässt, um Dynamik zu suggerieren, was aber vor allem bedeutet, dass ihm eine pointierte, oft beißend komische Komödie gelungen ist.
 
Immer tiefer schneiden die Pointen, immer offener geht das Quintett miteinander um, offenbart tiefsitzende Vorurteile und Aversionen, die weit in die Vergangenheit zurückreichen. Vor allem das zur Schau getragene Bildungsbürgertum Stephans wird dabei entlarvt, aber auch die Vorurteile gegenüber dem scheinbar homosexuellen René, der bald eine Beziehung offenbart, die seine langjährigen Freunde schockiert.
 
In den besten Momenten des Films fühlt man sich an Theaterstücke bzw. ihre Verfilmungen wie „Gott des Gemetzels“ erinnert, in denen sich hochkarätige Schauspieler feine Bosheiten an den Kopf werfen. Man mag es zwar bedauern, dass hier am Ende behauptet wird, dass sich die Streitigkeiten, die in einem Moment noch bis zum Äußersten gingen, sich im nächsten Moment in Wohlgefallen aufgelöst haben, doch die Spielfreude des Darstellerquintetts – und Iris Berben in einer kleinen, wichtigen Nebenrolle – lassen gern über die finale Harmonie hinwegsehen.
 
Ein großes Vergnügen ist diese Adaption eines französischen Stücks, das mit seiner Ausgangsidee, den natürlich gerade in Deutschland aus offensichtlichen Gründen verpönten Vornamen Adolf wiederzuentdecken, geradezu nach einer deutschen Adaption verlangt hat. Die hat nun Sönke Wortmann in seinem besten Film seit Jahren erfolgreich vorgelegt.
 
Michael Meyns