Falten – Eine Auseinandersetzung mit dem Älterwerden

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Immer älter werden die Menschen in unseren Gesellschaften, womit sich die Frage stellt, wie man damit umgehen soll, mit Krankheiten oder dem Tod von Freunden, aber auch den vielen Möglichkeiten, die das Leben mit 70 oder 80 noch bietet. Fünf Schweizer porträtiert Silvia Häselbarth in ihrer sensiblen Dokumentation „Falten“, fünf Menschen, die sich auf unterschiedliche und doch ähnliche Weise mit dem älter werden arrangiert haben.

Webseite: www.dejavu-film.de

Dokumentation
Schweiz 2016
Regie: Silvia Häselbarth
Länge: 88 Minuten
Verleih: déjà-vu Film
Kinostart: 28. September 2017

FILMKRITIK:

Der 80jährige Malermeister Fredy Frey, die ehemalige Lehrerin Ruth Frey, 68 Jahre, die 73jährige Künstlerin Monica von Rosen, der 73jährige Trödler Urs Wdler und die 82jährige Bewegungspädagogin Rita Maeder. Das sind die fünf Protagonisten von Silvia Häselbarhs Dokumentation „Falten“, fünf Schweizer aus unterschiedlichen Sphären der Gesellschaft, die zum Teil noch in ihren angestammten Berufen aktiv sind, zum Teil ihre Pension genießen.
 
In beschaulichen Verhältnissen leben alle fünf, in weitläufigen Wohnungen, teils auf dem Land, teils in der Stadt, im Fall von Monica von Rosen sogar zwischen Luzern und Berlin wechselnd.
 
Nur am Ende sitzt das Quintett einmal am See zusammen, die meiste Zeit stehen die Erzählungen der fünf isoliert nebeneinander, lose thematisch geordnet, mit leichten Unterschieden, aber doch einer durchgehenden Linie. Über Krankheiten wird da berichtet, der Notwendigkeit, etwas kürzer zu treten, eingeschränkter Agilität. Über Kinder und Enkel, über Erfolge im Beruf und im Leben, erfüllte Erwartungen an sich selbst und die vom Umfeld und der Gesellschaft aufgesetzten.
 
Doch so unterschiedlich das Quintett im Detail auch ist, gemeinsam ist ihnen eine bemerkenswerte Ruhe und Gelassenheit, eine Zufriedenheit mit dem jeweiligen Dasein, mit dem langen Leben, das hinter ihnen lebt. Nicht unbedingt abgeschlossen haben sie mit ihrem Leben, aber doch einen Zustand erreicht, um sagen zu können: Ich habe ein langes, erfülltes Leben hinter mir, alles was nun noch folgt ist gewissermaßen ein Bonus.
 
Man könnte nun sicherlich fragen, wie repräsentativ dieses Quintett für alte Menschen im Allgemeinen ist, selbst für ein wohlhabendes, von funktionierenden Sozialsystemen geprägtes Land wie die Schweiz. Fragen wie Altersarmut, Einsamkeit oder schwere Krankheiten bleiben in Häselbarths Film außen vor. Ihr Blick auf das alt werden ist von bukolischer Gelassenheit geprägt, zeigt sicherlich nicht die ganze Bandbreite des Themas auf.
 
In ruhigen Breitwandbildern beobachtet Häselbarth ihre Protagonisten, in deren Wohnungen, in blühenden Gärten, vor eindrucksvollen Landschaften, aber auch bei ihren alltäglichen Beschäftigungen. Angesichts der hier gezeigten Leben, kann man nur jedem Menschen wünschen, ähnlich gelassen alt zu werden und den Falten zu trotzen.
 
Diese sind bei allen fünf unübersehbar, aber gerade sie machen auch die Weisheit des Alters aus: „Du hast den ganzen Tag, um dich zu entfalten.“ heißt es da einmal, in einem der vielen treffenden Sätze, mit denen die Aussage des Films auf den Punkt gebracht wird. So gefällig Häselbarths Blick auf das Altwerden bisweilen auch wirkt, zumindest für den bürgerlichen, von Sorgen freien Teil der Gesellschaft trifft ihre Darstellung des letzten Lebensabschnittes fraglos ins Schwarze.
 
Michael Meyns