Gringo

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Ungestüm, manchmal etwas grell mit einer Prise mexikanischen Tarantino-Trash samt folkloristischen Drogenbaronen, inszeniert der ehemalige Stuntman Nash Edgerton das wilde Katz-und Maus-Spiel seiner absurden Komödie. Im Mittelpunkt steht ein witziger David Oyelowo als gutgläubiger kleiner Angestellter, der in einem Netz krimineller Machenschaften den Boden unter den Füssen verliert. Sein nuancenreiches Spiel stellte der gebürtige Nigerianer aus Großbritannien vor allem im Polit-Drama „Selma“ unter Beweis, für das er einen Oscar verdient hätte. Für Starpower sorgt nicht zuletzt der südafrikanische Weltstar Charlize Theron. Und in einer Nebenrolle feiert Michael Jacksons Tochter, Paris, ihr Spielfilmdebüt in der actionreichen Gangsterkomödie.

Webseite: www.gringo-derfilm.de

USA 2017
Regie: Nash Edgerton
Darsteller: David Oyelowo, Charlize Theron , Joel Edgerton, Amanda Seyfried, Thandie Newton, Sharlto Copley, Carlos Corona, Rodrigo Corea, Diego Cataño, Paris Jackson,
Länge: 120 Minuten
Verleih: Tobis
Kinostart: 5. April 2018

FILMKRITIK:

Brav arbeitet der amerikanische Geschäftsmann Harold Soyinka (David Oyelowo) für die Pharmaindustrie. So glaubt der hart arbeitende nigerianische Immigrant zumindest. Sein angeblicher Freund Richard Rusk (Joel Edgerton) hat ihm den Job in seiner Firma verschafft. Zusammen mit Geschäftspartnerin Elaine Markinson (Charlize Theron) entwickelte das clevere Duo die Graspille „Cannabax“, die alle Marihuana-Produkte in Zukunft überflüssig machen soll. Hergestellt wird das Wunderding sinnigerweise in ihrem Werk in Mexico.

Dass die beiden dort auch mit den Drogenbossen im Geschäft sind und gerade Übernahmeverhandlungen laufen, um ihr Unternehmen meistbietend zu verkaufen, davon hat Harold freilich keine Ahnung. Und so lässt er sich zu einer Geschäftsreise nach Mexico überreden. Dabei bricht das ganze Kartenhaus zusammen. Harold erfährt nicht nur, dass ihn seine Ehefrau Bonnie (Thandie Newton) betrügt, sondern erkennt auch, dass ihn seine Bosse opfern wollen. Denn selbst ihm ist klar, eine „freundliche Übernahme“ übersteht er nicht. Verwegen setzt er alles auf eine Karte. Er inszeniert seine eigene Entführung und fordert ein riesiges Lösegeld, mit dem er sich anschließend absetzen will. Doch nun überschlagen sich die Ereignisse. Und für Harold und seinen genialen Superplan sieht es gar nicht gut aus. Denn nicht nur die Drogenmafia ist plötzlich hinter dem naiven Gringo her. Neben dem gnadenlosen Ex-Söldner Mitch (Sharlto Copley), den ihm sein Boss auf den Hals hetzt, macht auch die US-Drogenfahndung Jagd auf ihn. Ob er dieses Schlamassel heil übersteht ist mehr als fraglich.

Mit Bravour meistert Charakterdarsteller David Oyelowo als gutgläubiger kleiner Angestellter das wilde Katz-und Maus-Spiel in der absurden Komödie. Besonders die Actionszenen scheint der 41jährige als willkommene Abwechslung zu genießen. Als Schlitzohr, das endlich auf der Sonnenseite des Lebens landen will, schlägt er sich wacker durch die mit einer Prise mexikanischen Tarantino-Trash samt folkloristischen Drogenbaronen gewürzte Inszenierung. Sogar Kultregisseurs Tarantinos „Markenzeichen“, die cool bizarren Dialoge, greift der ehemalige Stuntman Nash Edgerton in seinem schwarzhumorigen Spielfilmdebüt kurz auf.

Freilich entsteht trotzdem nicht automatisch das charakteristische Flair einer Leinwand- Adaption von Elmore Leonards schrägen Gangsterballade und seiner Karikatur des „American Way of Life“, in dem nur Lügen und Hereinlegen zählt. Gleichwohl macht es Spaß der exzellenten Crew beim absurd perfiden Mordspektakel zuzuschauen. Dass bei diesem mit Mariachi-Klängen untermalten surrealen Actionkino Mexikaner mehrheitlich zwielichtige Gestalten sind ist angesichts der überzogenen Klischees zu verschmerzen. Schließlich beginnt Orson Welles’ „Touch of Evil“ („Im Zeichen des Bösen“, 1958) in einem mexikanischen Grenzort mit einer der berühmtesten Kamerafahrten der Filmgeschichte. Und selbst bei ihm kommt das angeblich Böse aus dem Süden.

Luitgard Koch