Zum Verwechseln ähnlich

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Ein schwarzes Paar adoptiert ein weißes Baby. Das ist die Ausgangskonstellation von Lucien Jean-Baptistes Komödie „Zum Verwechseln ähnlich“, die auf zwar vorhersehbare, aber durchaus amüsante Weise von Vorurteilen, Toleranz und der sich verändernden Gesellschaft erzählt.

Webseite: www.zum-verwechseln-aehnlich.de

OT: Il a déjà tes yeux
Frankreich 2017
Regie: Lucien Jean-Baptiste
Buch: Sébastien Mounier, Marie-Francoise Colombani, Lucien Jean-Baptiste
Darsteller: Aissa Maiga, Lucien Jean-Baptiste, Zabou Breitman, Vincent Elbaz, Delphine Théodore, Marie-Philomène Nga
Länge: 95 Minuten
Verleih: Neue Visionen
Kinostart: 13. Juli 2017

FILMKRITIK:

Gerade haben sich Salimata (Aissa Maiga) und Paul (Lucien Jean-Baptiste) den Traum vom eigenen Blumenladen erfüllt, da bekommen sie den Anruf, der ihr Glück perfekt machen soll: Endlich ist ein Baby gefunden, dass das kinderlose Paar adoptieren kann. Gespannt sitzen sie kurz darauf in der Adoptionsstelle, argwöhnisch beäugt von Madama Mallet (Zabou Breitman) und sehen ein Foto des kleinen Benjamin. Ein schönes Kind, nur leider weiß.
 
Während das Paar sich nach kurzem Wundern voller Begeisterung über das nun vollkommene Familienglück ist, reagiert ihre Umwelt erwartbar irritiert: Salimantas Mutter ist entsetzt, allein schon der Name Benjamin ist für die aus dem Senegal stammende Familie ein Unding, die Hautfarbe kommt da noch hinzu. Doch es gibt auch andere Stimmen im Umfeld: Pauls bester Freund Manu (Vincent Elbaz) etwa, ist begeistert, was allerdings auch daran liegen mag, dass er meist bekifft durchs Leben läuft.
 
Die erste Freude von Salimata und Paul weicht jedoch bald der Erkenntnis, dass ein Baby nicht nur viel Stress mit sich bringt, sondern das gerade die Adoption eines weißen Kindes doch nicht ganz so unproblematisch verläuft, wie es sich das Paar anfangs gedacht hatte.
 
Vor 30 Jahren waren „Drei Männer und ein Baby“ noch eine ungewöhnliche Konstellation, die als Komödienstoff taugte, inzwischen sind die gesellschaftlichen Entwicklungen so weit fortgeschritten, dass allein noch ein schwarzes Paar mit einem weißen Baby ungewöhnlich wirkt. Doch warum eigentlich, schließlich ist es inzwischen längst normal, wenn weiße Paare, Babys aus Afrika oder Asien adoptieren? Damit auch niemand diese Merkwürdigkeit vergisst, setzt Regisseur Lucien Jean-Baptiste in der Adoptionsklinik und später beim Kinderarzt Bilder allerlei Adoptionskonstellationen ins Bild: Ein homosexuelles Paar mit Baby, ein weißes Paar mit schwarzem Kind und eben ein schwarzes Paar mit weißem Baby.
 
Subtil ist es gewiss nicht, wie in „Zum verwechseln ähnlich“ erzählt wird, vom ersten Moment an wird mit ganz grobem Strich inszeniert, in grellen Farben und großen Gesten. Die Kontraste sind überdeutlich, die Moral der Geschichte klar erkennbar, ein wenig wie Boulevardtheater mutet das bunte Treiben dadurch an: Die vielfältigen Probleme des Paares lösen sich ebenso schnell auf, wie sie entstehen, letztendlich siegt stets die Toleranz, kann sich niemand dem süßen Baby erwehren.
 
So oberflächlich das bisweilen auch ist, gelingen doch auch immer wieder pointierte Momente, besonders dann, wenn unterschwellige Vorurteile herausgearbeitet werden: Schönerweise nicht nur solche, die den Blick der Weißen auf die Schwarzen prägen, sondern auch solche innerhalb der schwarzen Familien. Gerade die Vorurteile, die die Generation der Eltern noch prägen, deutet Jean-Baptiste an, während die Kinder von Migranten, die Teil der sich langsam entwickelnden Mittelschicht sind, weltoffener denken. Leichtes, unbeschwertes Kino ist das, nicht gerade tiefsinnig, aber mit einer zeitgemäßen Botschaft.
 
Michael Meyns