Berlin, Berlin – Der Kinofilm

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Aus einer 15 Jahre alten Fernsehserie einen Kinofilm zu machen, ist kein leichtes Unterfangen. Die Kinoversion der einstigen Kultserie „Berlin, Berlin“ ist dann auch ein etwas seltsames Projekt, bringt zwar sämtliche vier Hauptdarsteller der ersten Staffel zusammen, doch wirklich in der Gegenwart angekommen ist der von Serien-Regisseurin Franziska Meyer Price Film nur bedingt.

Website: www.facebook.com/BerlinBerlin

Deutschland 2020
Regie: Franziska Meyer Price
Darsteller: Felicitas Woll, Jan Sosniok, Matthias Klimsa
Länge: 80 Minuten
Verleih: Constantin
Kinostart: 16. März 2020

FILMKRITIK:

Erinnern wir uns: In der letzten Folge von „Berlin, Berlin“ gestanden sich Lolle (Felicitas Woll) und Sven (Jan Sosniok) endlich ihre Liebe. Im Laufe von vier Staffeln war das Paar unzählige Male zusammengekommen und hatte sich wieder getrennt. In bester Soap-Opera-Manier hatte das Liebesreigen das Leben von Lolle und ihren Freunden bestimmt, darunter der gutherzige Hart (Matthias Klimsa) und die burschikose Rosalie (Sandra Borgmann), die nach der ersten Staffel ausstieg und einer wechselnden Garde von besten Freundinnen wich.

Diesen Part übernimmt nun die junge Dana (Janina Uhse), die Lolle ausgerechnet bei Sozialstunden kennen lernt. Denn Lolle hat einmal mehr Chaos angerichtet und ihre Hochzeit mit Hart im letzten Moment platzen lassen. Nicht ganz freiwillig, denn plötzlich stand der lange vermisste Sven wieder auf der Matte, der sich in den letzten Jahren an den Stränden der Welt herumgetrieben hat. Lolle war dagegen bürgerlich geworden, hat zusammen mit Hart ein Animationsfilmstudio aufgebaut, lebt in einer schicken Wohnung und hofft mit der Heirat endlich angekommen zu sein.

Doch es kommt anders: Zunächst nervt Dana sie zwar schwer, doch bald beginnt Lolle zu realisieren, dass Dana eine Art jüngere Version ihrer selbst ist, ein wildes, ausgeflipptes Mädchen mit Beziehungsproblemen. Nun muss Lolle sich entscheiden: Will sie lieber wild oder sesshaft sein? Oder gibt es vielleicht einen Mittelweg?

Zwischen 2002 und 2005 lief „Berlin, Berlin“ sehr erfolgreich im ARD-Vorabendprogramm und war Teil eines frühen Berlin-Hypes, der die Hauptstadt als junge, wilde Metropole zeigte. Inspiriert war die Serie überdeutlich von Tom Tykwers Erfolgsfilm „Lola rennt“, inklusive der roten Haare der Hauptfigur und animierten Einsprengseln, allerdings mit deutlich mehr Melodrama und Herzschmerz.

Das nun, 15 Jahre nach Ausstrahlung der letzten Folge, die Kinoversion erscheint, ist wohl nur der anhaltenden Retro-Welle zu verdanken. Und so funktioniert „Berlin, Berlin“ auch kaum als eigenständiger Film, sondern ist vor allem nostalgisches Fan-Futter, während Neulinge in der Welt von Lolle und ihren Freunden wohl eher befremdet sein werden.

Seltsamerweise ist nicht Berlin Schauplatz weiter Teile des Films, sondern der Harz; vermutlich waren die Dreharbeiten dort günstiger. Doch nicht nur an der Ortswahl liegt es, dass es sehr lange dauert, bis sich der Charme der Serie einstellt. Allzu viele seltsame Wendungen nimmt das Drehbuch zu Beginn, Crystal Meth-Produzenten und Hare Krishna-Anhänger tauchen auf, die für zeitgenössische Berlin-Filme offenbar unvermeidliche Party mit Drogenszene muss abgehakt werden, bis sich die Macher endlich auf den Kern der Serie besinnen: Der Versuch Lolles, Erwachsen zu werden, mit all den Wirrungen des Lebens zurecht zu kommen und vor allem sich selbst treu zu bleiben. In der letzten Hälfte der kaum 80 Minuten Länge entwickelt sich zwischen den alten und der neuen Akteurin schließlich doch noch das typische „Berlin, Berlin“-Feeling. Ein großer Kinofilm ist das Ganze zwar gewiss nicht, aber für Freunde der Serie ein unterhaltsamer Abend voller Nostalgie.

Michael Meyns