Bin ich sexy?

BRD 2004
Regie: Katinka Feistl
Buch: Sabine Brodersen
Kamera: Daniela Knapp
Schnitt: Tina Freitag, Doreen Krambeer
Musik: Eike Hosenfeld, Moritz Denis
Produzenten: Martin Bach
Produktion: ZDF/Das kleine Fernsehspiel, Maran Film
Darsteller: Marie-Luise Schramm, Birge Schade, Andreas Schmidt, Antje Hagen, Dietz-Werner Steck
Verleih: Arsenal (Vertrieb: Central)
Kinostart: 23.6.2005
 
Ein Biest? Mareike (Marie-Luise Schramm, das Zimmermädchen aus "Bluthochzeit"), ein 15-jähriges Mädel, ist verletzlich und gemein. Gegen jede Vernunft will sie unbedingt Model werden, denn sie ist ganz offensichtlich zu dick. Und auch wenn sie mit Stöckelschuhen auf dem Laufsteg albern aussieht, hat es was, wenn Mareike voller Entschlossenheit zum flotten (Titel-) Song stolziert: Eine Zicke mit Charme. Doch unter ihrem Model-Wahn leiden allein erziehende Mutter (Birge Schade), die beiden Geschwister und vor allem die knappe Kasse.

Dauerndes Streiten und Vertragen ist an der Tagesordnung, doch der Stress der allein erziehenden Mutter Jutta mit Mareike eskaliert und verdirbt auch den Spaß Juttas beim Ausgehen mit einem forschen Kollegen, der auf Vaterqualitäten abgeklopft werden muss. Doch sie trauert immer noch ihrer verstorbenen Liebe Eddie nach, und auch Mareike berät sich noch an dessen Grab mit Eddie. Ein dramatischer Schicksalsschlag zwingt Mareike, ihre eigene Schönheit zu entdecken.

Katinka Feistl, die bei ihren ersten Filmen noch als Kathrin Feistl firmierte, stellt gerade ihren Abschlussfilm an der DFFB fertig. "Bin ich sexy?", mit großem Einsatz zwischendurch realisiert, war ihre erste Arbeit nach einem fremden Buch, das sie allerdings bearbeitete. Auch die Vorgaben, die man vom ZDF für so eine Familiengeschichte erwartet, passen auf den ersten Blick nicht unbedingt zu den sehr kreativen Story- und Bild-Ideen, die Feistl bei ihren früheren, meist mehrfach ausgezeichneten Filmen präsentierte. Doch der frische, energische Input tut der Geschichte spürbar gut. Sie bietet mehr, als die knappe Zusammenfassung erwarten lässt. Die Figuren sind mit Tiefe gezeichnet, es ist nicht nur der Film um Mareike, ihre Mutter ist ebenso eine Hauptfigur und selbst die kleinen Geschwister sind bemerkenswert sorgfältig inszeniert, in diesem mit viel Pepp, Humor und Einfühlungsvermögen erzählten jungen Film. "Bin ich sexy?" passt zwar auch in die Genre-Kisten "Selbstfindung", "Familienfilm" oder "Erste Liebe", doch er ist auch immer mehr und anders.

Bereits das Drehbuch von "Bin ich sexy?" erhielt eine Auszeichnung und kräftige Förderung. Nur wenige Wochen nach ihrem Erfolg beim 2. Euregio Filmpreis konnte die aus Aachen stammende Kathrin Feistl mit ihrem neuen Film "Bin ich sexy?" einen weiteren Erfolg feiern. Dann gab es beim 15. Kinofest Lünen, direkt den Hauptpreis, die "Lüdia". Im Januar folgte beim Partnerfestival Berlin & Beyond in San Francisco, dem einzigen deutschsprachigen Filmfestival Nordamerikas, der Publikumspreis gegen andere deutsche Erfolgsfilmen wie Der Untergang", "Gegen die Wand", "Die fetten Jahre sind vorbei" und "Das Wunder von Bern".

Günter H. Jekubzik