Black Box – Gefährliche Wahrheit

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Der Thriller „Black Box“ taucht tief in die Analyse von Flugschreibern ein. Jene, auch als Black Box bezeichnete Aufzeichnungsgeräte, die über die Gründe von Flugzeugabstürzen aufklären sollen. In „Black Box“ untersucht ein unbedarfter, unauffälliger Analyst, wieso es jüngst zu einem solchen tragischen Unglück mit 300 Toten kam – und stößt auf Ungereimtheiten. Die französische Produktion, die Themen wie Whistleblowing, Beweisfälschung und unternehmerische Verschwörung behandelt, ist nicht gänzlich befreit von vorhersehbaren Handlungsverläufen. Dafür stechen die wahrhaftigen Darstellerleistungen und das ausgeklügelte Sounddesign heraus.

Website: www.studiocanal.de

Boîte noire
Frankreich 2021
Regie: Yann Gozlan
Drehbuch: Yann Gozlan, Simon Moutaïrou
Darsteller: Pierre Niney, Lou de Laâge, André Dussollier, Olivier Rabourdin
Länge: 129 Minuten
Kinostart: 28.10.2021
Verleih: Studiocanal

FILMKRITIK:

Matthieu (Pierre Niney) arbeitet als Blackbox-Analyst für das französische Untersuchungs-büro für die Sicherheit in der zivilen Luftfahrt (BEA). Er erhält den Auftrag, die Ursache für einen tragischen Flugzeugabsturz aufzuklären und soll dafür die Black Box aus dem Cockpit auswerten. Der Fall erregt nicht zuletzt deshalb so große Aufmerksamkeit, da es sich bei der Unfallmaschine um ein brandneues, hochmodernes Flugzeugmodell handelte. Kurz bevor die Behörden die Untersuchungen abschließen wollen, entdeckt Matthieu jedoch Ungereimtheiten und verdächtige Details. Trotz der Warnungen seines Chefs beginnt er auf eigene Faust zu ermitteln.

Es ist vermutlich kein Zufall, dass Matthieu optisch stark an Geheimdienst-Insider Edward Snowden erinnert. Denn wie einst bei Snowden handelt es sich bei Matthieu um einen gegen innere und äußere Widerstände ermittelnden jungen Mann, der unter Verschluss gehaltene Informationen aufdeckt. Und dem es wichtiger ist, die Öffentlichkeit über die wahren Hintergründe aufzuklären als sich bedeckt zu halten und stillschweigen zu wahren. Interessant ist, dass Matthieu dennoch nicht als ausgenommen sympathischer, liebenswürdiger Charakter erscheint.

Vielmehr zeichnet Regisseur Yann Gozlan den Protagonisten als schwer greifbaren, etwas spröde und emotionslos wirkenden Mann, der durch seine Ermittlungen noch dazu Probleme mit seiner Frau heraufbeschwört. Schließlich arbeitet diese künftig ausgerechnet für diejenige Fluggesellschaft, deren Flugzeug jüngst den folgenschweren Unfall hatte. Jene Verwicklungen und sich überlappenden, beruflichen wie privaten Verbindungen wirken zum Teil zu konstruiert und gewollt. Und hätte es aufgrund der spannenden Inszenierung und guten Darsteller gar nicht gebraucht.

Allen voran Pierre Niney und Nebendarsteller André Dussollier als undurchsichtiger Vorgesetzter gefallen mit ihrer glaubhaften, natürlichen Darbietung. Glücklicherweise gesteht ihnen Gozlan auch unerwartete Verhaltensweisen zu und gewährt Raum für charakterliche Entwicklungen. In erster Linie dem akribisch recherchierenden Matthieu, dessen Suche nach der Wahrheit zunehmend obsessive Tendenzen annimmt.

Eine besondere Bedeutung kommt in „Black Box“ dem Sounddesign zu. Bei der Auswertung der akustischen Informationen des Flugschreibers, genauer gesagt des Stimmenrekorders, prasselt auf Matthieu ein Sammelsurium an Geräuschen ein. Ein Geflecht an Tönen, akustischen Informationen und Stimmen, das es zu entwirren gilt. Und das die Dramatik sowie die Geschehnisse an Bord auf akustischer Ebene nachempfinden lässt – sowohl für Matthieu und als auch den Zuschauer. Das ist packend mitanzusehen und vor allem anzuhören. Und: Gozlan verlangt dem Zuschauer bei Matthieus Überprüfung und Analyse der Black Box mit all den relevanten Flugdaten und Parametern kein zu großes technisches (Vor-) Wissen ab.

Einige der Themen des Films, vor allem der Aspekt der Macht von Verschwörungstheorien, sind hingegen erwartbar. Dasselbe gilt für das ein oder andere einfallslose, da abgenutzte Story-Element. Alles in allem fesselt „Black Box“ dennoch mit seiner dringlichen, auf beständig hohem Niveau gehaltenen Spannung und dem mutigen, aber gefährlichen Vorgehen eines Mannes, der sein Berufs- wie auch Privatleben aufs Spiel setzt.

Björn Schneider