Broken Flowers

USA 2005
Regie: Jim Jarmusch
Buch: Jim Jarmusch
Kamera: Frederick Elmes
Schnitt: Jay Rabinowitz
Darsteller: Bill Murray (Don Johnston), Jeffrey Wright (Winston), Sharon Stone (Laura), Jessica Lang (Carmen), Frances Conroy (Dora)
105 Minuten, 35 mm, Farbe
Verleih: Tobis
Filmstart: 8. September 2005

Unaufgeregt langsam, minimalistisch und mit seinem Gespür für lakonischen Humor schickt der New Yorker Independent-Regisseur Jim Jarmusch einen alternden Don Juan (Bill Murray) auf eine witzig-melancholische Reise in die Vergangenheit. Nach einem Brief ohne Unterschrift soll der einen 19-jährigen Sohn haben und sucht deshalb die Ex-Geliebten auf, die als Absenderinnen in Frage kommen. Wie in seinen vergangenen Filmen perfektioniert Murray hier weiter sein regungsloses, Midlife-lethargisches Spiel und begegnet seinen höchst unterschiedlichen Verflossenen, zu denen Sharon Stone, Jessica Lange und Tilda Swinton gehören. „Broken Flowers“ markiert in seiner Einfachheit eine Rückkehr zu Jarmuschs Wurzeln und wird dabei zu einer episodischen Mischung aus wehmütigem Drama und witziger Roadmoviekomödie.

Seit seinem Debüt „Permanent Vacation“ vor 25 Jahren hat die New Yorker Independent-Ikone Jim Jarmusch in höchst unterschiedlichen Filmen einen ganz eigenen Stil entwickelt: trockener Humor, ein langsamer Erzählfluss und gradlinige Geschichten, in denen nie wirklich viel passiert. Auch in „Broken  Flowers“, ein weiteres Roadmovie in Jarmuschs Filmographie, vergeht die Zeit in langen Einstellungen im Schritttempo. Darin macht sich ein Don Johnston (Bill Murray), gerade von seiner x-ten Freundin Sherry (Julie Delpy) verlassen worden, auf die Suche nach seinem angeblichen Kind. Mit zwanzig Jahren Verspätung erfährt er durch einen anonymen Brief in einem pinken Umschlag, dass er einen 19jährigen Sohn haben soll. Etwas widerwillig und erst auf Drängen seines Nachbarn bricht der alternde Don Juan auf, um seine fünf verflossenen Partnerinnen zu besuchen, die als Absenderinnen in Frage kommen. Es wird ein Trip in Johnstons Vergangenheit, eine Reise in sein Inneres und eine nachdenkliche, etwas wehmütige Suche nach der Wahrheit. 

Mit „Broken Flowers“ kehrt Jarmusch nach dem metaphysischen Western „Dead Man“ und der urbanen Samuraigeschichte „Ghost Dog“ zu seinen minimalistischen Wurzeln zurück: Höchstens ein wenig traurig-süßer als sonst erzählt er seine simple Geschichte episodisch, ohne große Umschweife und mit seinem typisch minimalistischen Stil ohne inszenatorische Schnörkel. Der Titel könnte sich dabei auf die Blumen beziehen, mit denen Murray in Nostalgie umwehten Szenen, vor den Türen seiner Ex-Liebschaften steht. Für die konnte Jarmusch eine sehenswerte Frauenriege verpflichten, der es einfach Spaß macht zuzusehen: Sharon Stone etwa gibt die Ex, die ihren unkonventionellen Lebenswandel immer noch nicht aufgegeben hat und deren freizügige Tochter Lolita ihrem Namen alle Ehre macht. Ganz anders sieht es bei Frances Conroy („Six feet under“) aus: Aus der LSD-freundlichen Hippiefrau ist eine kontrollierte Immobilienmaklergattin geworden, die in einem Designerheim in Suburbia lebt. Und während Jessica Lange in ihrer Praxis mittlerweile mit Tieren kommuniziert und eine Affäre mit ihrer Assistentin (Chloë Sevigny) hat, kommt es bei der vorletzten Station bei der mit braunen Haaren kaum zu erkennenden Tilda Swinton zu wütenden Handgreiflichkeiten.

Murrays Spiel passt sich dabei Jarmuschs Inszenierung an. Nach Filmen wie „Lost in Translation“ und „Die Tiefseetaucher“ setzt er auch als gealterter Frauenheld seine Studien in Midlife-Lethargie fort und wirkt in seinen sparsamen Gesten wie ein Buster Keaton für das neue Jahrtausend. In dieser heruntergefahrenen Mimik bleiben selbst kleinste Veränderungen und Reaktionen in Erinnerung: Der Blick, wenn er morgens neben Stone aufwacht. Oder wenn er in Conroys aufgeräumt steriler Designerküche vor lauter Hunger alle fünf Karottenscheibchen auf einmal aufspießt. Durch dieses Gespür für absurde Details und Murrays beeindruckend betäubtem Auftritt wird „Broken Flowers“ zur charmant jazzigen Tragikomödie, die mit eigenwilligem Humor und kitschfreier Sentimentalität das Herz bewegt.

Sascha Rettig