Comeback, Das

Regie: Ron Howard
Darsteller: Russell Crowe, Renée Zellweger, Paul Giamatti, Craig Bierko
Start: 8.9.
Verleih: Buena Vista
Länge: 145 Minuten

Russell Crowe und Renée Zellweger begeistern in einem Drama, das weit mehr ist als die Geschichte eines Sporthelden. Nach Clint Eastwoods charismatischen Antihelden in „Million Dollar Baby“, gelingt Ron Howard ein Heldenepos, das in der Schilderung eines der düstersten Kapitel der jüngeren US-Geschichte glaubwürdig bleibt und dennoch alle Merkmale eines klassischen Underdog-Märchens aufweist.

Drama  Die Weltwirtschaftskrise der späten Zwanziger des letzten Jahrhunderts war ein Raubtier, das gefräßig und gnadenlos seine Opfer suchte, so auch Männer wie den New Yorker Jim Bradock. Der irischstämmige Boxer stand 1928 noch kurz vor dem Gewinn der Weltmeisterschaft, bis ihn Verletzungspech aus der Bann warf. Jetzt weht ihm der raue Wind der Wirtschaftskrise mitten ins Gesicht und selbst schäbigste Vorkämpfe sind willkommen, um die größte Not der fünfköpfigen Familie, die in einem Hinterhofkeller haust, zu lindern. Andere Verdienstmöglichkeiten sind für die ungelernte Arbeitskraft kaum zu finden. Als ein unbedachter Schlag die angebrochene Rechte endgültig lädiert, scheint das Ende gekommen zu sein. Die gelegentlichen Dockarbeiten können die Rechnungslöcher nicht mehr stopfen, selbst Erniedrigungen wie das Anstehen um Sozialhilfe oder das Betteln bei den Männern der Boxkommission bringt keine wirkliche Wende. Da wirkt der Vorschlag von Jims ehemaligem Trainer, sich als Prügelknabe bei einem Vorbereitungsboxkampf für die Weltmeisterschaft Geld zu verdienen, wie ein Wink des Himmels. Wider Erwarten besiegt Bradock seinen Gegner und erkämpft sich mit unbändigem Eifer seinen Weg an die Spitze zurück. Doch da wartet mit Max Baer ein übermächtiger Gegner, der schon zwei Kontrahenten in den Tod geschickt hat.

Wie jeder guter Boxfilm geht auch Ron Howards („A Beautiful Mind“) Werk weit über den bloßen sportlichen Aspekt hinaus. Mit für Hollywoodverhältnisse ungewöhnlicher Intensität und Ernsthaftigkeit wird hier die packende Geschichte eines Existenzkampfes erzählt. Russell Crowe in seiner besten Rolle seit „The Insider“ und eine ungewohnt seriöse Renée Zellweger als seine Frau Mae machen die Charaktere und die elende Situation, in der sie sich befinden, jederzeit greifbar. Jim Bradock war keiner jener Boxer, dem sein Erfolg zu Kopf gestiegen ist, sondern ein klassischer Working Class Hero, dem im wahrsten Sinne des Wortes nichts anderes übrig blieb, als sich durchzuboxen. Auch wenn Howard nicht auf die Heroisierung seines Protagonisten verzichtet, wird dennoch deutlich, wie wenige Menschen damals eine vergleichbare Chance hatten. So wird Bradocks Arbeitskollege am Hafen bei einer Polizeiaktion gegen linke Aufrührer erschlagen. Die Diskrepanz zwischen Anspruch und Wirklichkeit zeigt sich exemplarisch in der Figur von Jims Trainer Joe (Oscarreif gespielt von „Sideways“-Star Paul Giamatti), der in den Krisenzeiten in einem Drahtseilakt die eigene bürgerliche Fassade aufrechterhält, immer kurz vor dem Offenbarungseid. Howard beherrscht hier meisterlich die Klaviatur der Gefühle und natürlich manipuliert uns der Film nach bester Hollywoodmanier. Doch die Geschichte würde nicht so gut funktionieren, wenn die Figuren und ihr Umfeld nicht so glaubwürdig gestaltet wären. Dass, was Frank McCourt in „Die Asche meiner Muter“ gelungen ist (im Gegensatz zur späteren Verfilmung), die Schilderung der Armut und der Versuch, sie mit Anstand zu überleben, funktioniert auch bei Howards Heldenzeichnung. Aus diesem Humus an drastischer Authentizität gewinnt der Film seine ungeheure Dramatik und Spannung, die sich bis zur buchstäblich letzten Runde eines fulminant gefilmten Finales steigert.

Norbert Raffelsiefen