„Freundschaft ist das größte Abenteuer“ heißt es auf dem Filmplakat zum Animationsstreifen „Die Unzertrennlichen – Zwei durch dick und dünn“. Doch gerade die enge, im Titel vollmundig beschworene Beziehung zwischen den Protagonisten macht die belgisch-französisch-spanische Koproduktion nie richtig greifbar. Ein Knackpunkt, der den Unterhaltungswert durchaus nach unten drückt, auch wenn die Bilder phasenweise vor kreativer Energie nur so sprühen.
Originaltitel: Les inséparables
Belgien/Frankreich/Spanien 2023
Regie: Jérémie Degruson
Drehbuch: Joel Cohen, Alec Sokolow, Bob Barlen, Carl Brunker
Länge: 89 Minuten
FSK: ab 6 Jahren
Verleih/Vertrieb: Splendid Film
Website: https://splendid-film.de/die-unzertrennlichen-zwei-durch-dick-und-duenn
Kinostart: 29. August 2024
FILMKRITIK:
Manchmal ist das Timing schon erstaunlich. Erst im Mai 2024 startete in den deutschen Kinos die arg hektische Animationskomödie „Das Geheimnis von La Mancha“, die an Miguel de Cervantes‘ Literaturklassiker „Don Quijote“ und dessen Titelhelden andockt. Rund drei Monate später erscheint hierzulande mit „Die Unzertrennlichen – Zwei durch dick und dünn“ der nächste Trickfilmspaß, der sich auf den weltberühmten spanischen Roman bezieht. Unsere Hauptfigur heißt – natürlich – Don und ist gesegnet mit einer blühenden Fantasie, für die die Umgebung allerdings nur wenig übrighat. Wann immer möglich, taucht die in einem alten Theater im New Yorker Central Park lebende Marionette in ihre Vorstellungswelt ein und erlebt dort die tollsten Abenteuer.
Kein Wunder, ist Dons Alltag doch geprägt von lähmender Eintönigkeit. Während Oberpuppe Alfonso in jedem Stück einen neuen, mutigen und begehrenswerten Helden spielen darf, gibt der große Träumer tagein, tagaus den Narren. Als Tollpatsch sei er wunderbar geeignet, bekommt Don ständig zu hören. Und in der Tat scheint er Missgeschicke regelrecht anzuziehen. Nichtsdestotrotz möchte er seiner Rollenschublade entfliehen und lässt daher irgendwann das Theater hinter sich, um im Central Park heroische Taten zu vollbringen. Vor seinem inneren Auge sieht er schließlich keine normale Grünanlage, sondern einen dichten Dschungel, in dem es unglaubliche Gefahren zu bestehen gibt.
Unterwegs lernt er den achtlos weggeworfenen Plüschhund DJ Doggy Dog (in der deutschen Synchronfassung von Comedian Chris Tall gesprochen) kennen, der nicht nur nach einer Familie sucht, sondern auch liebend gerne Rapper werden würde. Bislang bleibt er dafür aber viel zu sehr einem einzigen einprogrammierten Lied verhaftet. Die beiden werden Freunde. Und schon bald schlägt Dons große Stunde, als seine Kollegen aus dem Theater von einem fiesen Gaunerduo entführt werden.
Regisseur Jérémie Degruson, der es auf die deutschen Leinwände zuletzt mit dem Fortsetzungsfilm „Bigfoot Junior – Ein tierisch verrückter Familientrip“ (2020) schaffte, feuert vor allem in den Fantasiepassagen aus allen Rohren. Aus einem einfachen Wischmopp wird im Kopf der abenteuerlustigen Marionette ein haariges Monster. Und die Windmühle auf einem Minigolfplatz mutiert in Dons Vorstellung zu einem wilden Drachen. Interessant sind die Gedanken der Hauptfigur auch deshalb, weil sie in einem anderen, eher comichaften Animationsstil gehalten sind. Für optische Abwechslung ist definitiv gesorgt!
Dass man festgelegte Rollen nicht hinnehmen muss, es nie zu spät ist, Neues zu wagen, Fantasie eine Waffe gegen Ängste sein kann und Freundschaften wertvoll sind, möchte „Die Unzertrennlichen – Zwei durch dick und dünn“ den Zuschauern vermitteln. Aus seinen guten thematischen Ansätzen macht der Film dann aber viel zu wenig. Das Verhältnis von Don und DJ Doggy Dog beispielsweise wirkt zu keinem Zeitpunkt so besonders, wie es der Titel vermuten lässt – was nicht zuletzt an einem gewaltsam in die Handlung hineingepressten Bruch und einer beliebig daherkommenden Wiederannäherung liegt. Die beiden austauschbaren Bösewichte und eine vor allem gegen Ende holpriger werdende Geschichte tun ihr Übriges, um der Animationssause ein Stück ihrer – auch emotionalen – Ausdruckskraft zu rauben.
Dass mit Joel Cohen und Alec Sokolow zwei Mitautoren des Animationsmeilensteins „Toy Story“ (1995) am Drehbuch der belgisch-französisch-spanischen Gemeinschaftsproduktion beteiligt waren, wird auf dem Kinoplakat etwas verklausuliert („Von den Machern von…“) angepriesen. In erzählerischer Hinsicht kann „Die Unzertrennlichen – Zwei durch dick und dünn“ der Pixar-Arbeit, dem ersten vollständig computeranimierten Langfilm der Kinogeschichte, aber kein bisschen das Wasser reichen.
Christopher Diekhaus