ewige Gärtner, Der

The Constant Gardener
USA/GB 2005.
Regie: Fernando Meirelles
Drehbuch: Jeffery Caine, basierend auf dem Roman von John le Carré
Kamera: César Charlone
Schnitt: Claire Simpson
Musik: Alberto Iglesias
Darsteller: Ralph Fiennes (Justin Quayle), Rachel Weisz (Tessa Quayle), Hubert Koundé (Arnold Bluhm), Danny Huston (Sandy Woodrow), Bill Nighy (Sir Bernard Pellegrin), Daniel Harford, Pete Postlewaite (Lorbeer)
128 Minuten, Format 1:1,85
Verleih: Kinowelt
Kinostart: Frühjahr 2006

Die Machenschaften internationaler Pharmaunternehmen stehen im Zentrum des prominent besetzten und stilsicheren Thrillers von "City of God"-Regisseur Fernando Meirelles. Basierend auf dem Roman von John le Carré stellt der Film den Wandel des britischen Diplomaten Justin Quayle (Ralph Fiennes) in den Mittelpunkt, der erst nach dem Mord an seiner Frau beginnt, seine Rolle innerhalb des Systems zu reflektieren und einem weitreichenden Komplott auf die Schliche zu kommen versucht.

Eine gute halbe Stunde lang erinnert The Constant Gardener in vielerlei Hinsicht an Fernando Meirelles Debütfilm City of God, mit dem der brasilianische Regisseur weltweit Beachtung fand. In kurzen Fragmenten führt der Film seine Figuren ein ohne sich um Struktur oder zeitliche und räumliche Präzision zu kümmern. Wir lernen Justin Quayle kennen, einen zurückhaltenden britischen Diplomaten wie er im Buche steht. In seinem Büro pflegt er liebevoll die Zimmerpflanzen, einen Vortrag hält er mit einschläfernder Stimme, im persönlichen Umgang ist er betont zuvorkommend. Tessa (Rachel Weisz) ist das genaue Gegenteil: Extrovertiert, engagiert, ohne Scheu vor Konflikten, oft vorschnell urteilend und ohne Rücksicht auf Verluste ihre idealistischen Ziele verfolgend. Eigentlich passen diese beiden unterschiedlichen Charaktere so gar nicht zusammen, aber natürlich finden sie doch zueinander. Schnell heiraten sie und ziehen nach Afrika, wo er einen Posten antritt und sie ihrem Ziel nachgeht, die Machenschaften der Pharmaindustrie aufzudecken. Rasant streift die Kamera durch die Slums Afrikas, begleitet Tessa und den schwarzen Arzt Hubert (Arnold Bluhm) bei ihren Versuchen das Elend zu bekämpfen, versinkt in Szenen bunter Märkte und geschäftigem Treiben, ohne jedoch in Ethnokitsch und Postkartenidyllen abzugleiten. Wie schon in City of God arbeitet Meirelles mit dem Kameramann César Charlone zusammen, der es exzellent versteht Nuancen einzufangen, den Bildern eine fiebrige Intensität mitzugeben. Im starken – wenn auch, was die Implikationen angeht, nicht unbedingt subtilen – Kontrast zu den Szenen in Afrika, stehen Aufnahmen von den Räumlichkeiten britischer postkolonialer Macht, den Clubs Londons, den farblosen Büros der Diplomatie. Eigentlich sollte Justin hier zu Hause sein, sich mit den (ungeschriebenen) Regeln und Gebräuchen der Diplomatie auskennen, mehr und mehr realisiert er jedoch, wie fern ihm diese Welt ist. Je mehr er sich mit Tessas Welt beschäftigt, versucht ihren Wegen zu folgen, um so ihrem Mörder auf die Spur zu kommen, um so stärker ist er angewidert von Korruption und menschenverachtendem Profitdenken, vor allem aber sieht er sich in seiner Liebe zu Tessa mehr bestärkt, als zu Lebzeiten.

Es ist vor allem der Präsenz Ralph Fiennes zu verdanken, dass die vielschichtigen Sujets den Film nicht zerreißen. Bisweilen wäre es zwar angebracht gewesen sich zwischen Politthriller, Liebesgeschichte und der Schilderung der ärmlichen Verhältnisse Afrikas zu entscheiden, doch trotz mancher die Geschichte ausfransender Episoden (etwa eines überflüssigen Abstechers nach Berlin, der eher den Bedingungen deutscher Fördermittel geschuldet scheint, als den Notwendigkeiten der Erzählung), findet der Film immer wieder zu sich selbst zurück. Fiennes spielt den zur Aktion gezwungenen Intellektuellen mit der unterdrückten Inbrunst, die seit dem Englischen Patienten zu einer Art Markenzeichen geworden ist. Unterstützt wird er dabei von exzellenten Nebendarstellern: Neben Rachel Weisz, die früh fast vollständig aus dem Film verschwindet und nur noch in kurzen Momenten Justins Erinnerung auftaucht, sind das vor allem Danny Huston als Jusitins Kollege und scheinbarer Freund Sandy, der ebensoviel schmierigen Charme aufweist, wie Bill Nighys Sir Pellegrin, ein von seiner Unverwundbarkeit (und Unfehlbarkeit) überzeugter Diplomat.

Michael Meyns