Ferien (2016)

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Ferien auf einer Nordseeinsel verbringt eine Rechtsreferendarin in Bernadette Kollers Hochschulabschlussfilm, wobei weniger die Erholung im Mittelpunkt steht, als die Selbstfindung. Die zeichnet Koller mit feinem Humor, der mal skurril, mal nachdenklich ist, und immer gut beobachtet.

Webseite: dcmworld.com

Deutschland 2015
Regie: Bernadette Knoller
Buch: Bernadette Knoller & Paula Cvetkovic
Darsteller: Britta Hammelstein, Detlev Buck, Golo Euler, Inga Busch, Ferdinand von Schirach, Jerome Hirthhammer
Länge: 89 Minuten
Verleih: DCM
Kinostart: 7. Juli 2016
 

FILMKRITIK:

Vivian (Britta Hammelstein) hat ihr Leben im Griff, zumindest glaubt die Endzwanzigerin dies. Doch bei ihrem ersten Auftritt vor Gericht bringt die angehende Staatsanwältin kein Wort raus und flüchtet sich auf die Couch der Eltern. Mehr als den Rat "Du solltest ein Kind bekommen" hat die Mutter nicht parat, Vivians Trägheit nervt zunehmend sämtliche Familienmitglieder und so verfrachtet der Vater (Detlev Buck), seine Tochter kurzerhand auf eine Nordseeinsel.

Angesichts der Einsamkeit des Meeres, der entspannten Langeweile der Insel hat Vivian viel Zeit, über sich nachzudenken und trifft skurrile Menschen: Die etwas durchgedrehte Biene (Inga Busch) zum Beispiel, in deren Haus sie bald einzieht, um dann mit Bienes Sohn Eric (Jerome Hirthammer) allein gelassen zu werden als Biene kurzerhand einfach verschwindet. Beim schweigsamen Ladenbesitzer und Forscher Otto (Ferdinand von Schirach) findet sie einen Job und richtet sich auf der Insel langsam in einem entspannten Leben ein, befreit von Druck und Erwartungen.

Befindet sich das deutsche Kino auf kollektiver Sinnsuche? Gerade in Filmen von Regisseurinnen geht es in letzter Zeit immer wieder um Frauen um die 30, denen es zumindest äußerlich an nichts zu fehlen scheint, die aber doch von einer inneren Unruhe getrieben sind, die sie zu ungewöhnlichen Entscheidungen führt. Maren Ades "Toni Erdmann" erzählt davon, noch mehr aber Nicolette Krebitz "Wild" und nun auch Bernadette Knollers "Ferien", ein Abschlussfilm, der wohl zu nicht unerheblichen Teilen auch autobiographisch ist.

Denn Knoller ist die Tochter von Detlev Buck, den sie hier nicht nur in der Rolle des besorgten Vaters besetzt, von dem sie auch viel gelernt hat. Vor allem den trockenen Humor, der gerade Bucks frühe Filme wie "Karniggels" oder "Wir können auch anders..." so besonders und eigen machte. Von ähnlicher Situationskomik, einem Gespür für skurrile Menschen und Situationen ist auch Knollers Film geprägt, durchzogen von einer spielerischen  Lust an Merkwürdigkeiten und ungewöhnlichen Momenten, die Knoller im Zweifelsfall immer wichtiger sind als der ohnehin lose Plot. Wenn Vivian da ein- zwei Mal auf die dänische Band "A Key is a key" trifft, dann wird minutenlang dabei zugeschaut, wie die Band musiziert und Vivian dazu tanzt.

Diese lose Form ist für einen Abschlussfilm eher ungewöhnlich, wo ja oft viel Wert auf straffe Dramaturgie gelegt wird und im Zweifelsfall lieber zu viel erzählt wird, als zu wenig, man weiß ja nicht, wie lange es bis zum nächsten Film dauert. Bernadette Knoller geht da eher in die andere Richtung, reiht lose Beobachtungen aneinander, die für sich genommen mal stimmiger, mal weniger überzeugend wirken und verlässt sich bisweilen etwas sehr auf  Skurrilität. Was da als nächstes kommt, darauf darf man gespannt sein, Witz und Humor kann das deutsche Kino schließlich immer vertragen...
 
Michael Meyns