Geniale Göttin – Die Geschichte der Hedy Lamarr

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Film-Diva bekommt Patent für eine bahnbrechende Erfindung, die sogar den Zweiten Weltkrieg hätte beeinflussen können. Doch ihr genialer Coup wird ignoriert, gerät in Vergessenheit und wird erst kurz vor ihrem Tod publik. Klingt wie der Stoff aus dem die Leinwand-Märchen sind? Doch diese Story schrieb das Leben selbst! Hollywood-Star Hedy Lamarr („Samson und Delilah“) galt in den 40er Jahren als eine der schönsten Frauen der Welt. Hinter dem hübschen Gesicht tickte eine genialer Geist. Die Lamarr erfand ein Fernmeldesystem, das als Basis der heutigen Kommunikationstechnik für WiFi- und Bluetooth-Verbindungen gilt. In einem verschollen geglaubten Interview erzählt die Diva nun ihre unglaubliche Geschichte. Angehörige erinnern sich. Stars wie Diane Kruger oder Mel Brooks liefern Kommentare. Archivbilder und Filmausschnitte sorgen für das visuelle Vergnügen. Alles nur geklaut? Feministische Fake-News als cleveres Mockumentary? Nein, die Wahrheit und nichts als die Wahrheit über die hübsche Hedy alias Hedwig Eva Maria Kiesler aus Wien! 

Webseite: www.genialegoettin-derfilm.de

USA 2017
Regie: Alexandra Dean
Darsteller: Hedy Lamarr, Mel Brooks, Peter Bogdanovich, Diane Kruger, Stephen Michael Shearer, Robert Osborne, Denise Loder DeLuca
Filmlänge: 90 Minuten
Verleih: NFP marketing & distribution / Filmwelt Verleihagentur GmbH
Kinostart: 16.August 2018

FILMKRITIK:

„Sie war der bestaussehende Star aller Zeiten“, schwärmt Mel Brooks. „Ich hörte, sie wäre auch Wissenschaftlerin. Stimmt das denn?“. Der greise Komiker ist nicht allein mit seiner Wissenslücke. Die Geschichte der Hedy Lamarr muss neu geschrieben werden: Denn die Film-Diva war nicht nur eine der schönsten Frauen der Welt. Sie war zugleich eine Erfinderin, die einen ganz großen Coup landete. Ihr Pioniergeist wirkt bis heute in jedem Handy und WLAN nach - doch dieses Kapitel der hübschen Hedy war lange vergessen und verschollen. Susan Sarandon als Produzentin sein Dank, dass diese schier unglaubliche Story der „genialen Göttin“ erzählt wird.
 
Hedwig Eva Maria Kiesler aus Wien weiß schon in frühen Jahren, was sie einmal werden will. Den Traum der Schauspielerei setzt sie erfolgreich um. Bereits in ihrem vierten Film „Man braucht kein Geld“ mit Heinz Rühmann und Hans Moser spielt sie 1932 eine Hauptrolle. Ein Jahr später sorgt sie durch eine zehnminütige Nacktszene in „Ekstase“ für Skandale. Die Kiesler will mehr: Geschickt kommt sie auf der Fahrt eines Ozeanriesen von London nach New York in Kontakt mit dem Hollywood-Mogul Louis B. Mayer. Der verpasst ihr noch an Bord den Künstlernamen Hedy Lamarr als Anspielung auf den Stummfilmstar Barbara La Marr. Gegen die knauserige Gage von 125 Dollar pro Woche lehnt sich der Nachwuchsstar selbstbewusst auf. Auch später wird sie öfter gegen das Studiosystem mit seinen Knebelverträgen rebellieren und sich bei den Hollywood-Bossen unbeliebt machen.
 
Zunächst geht es mit der Karriere steil nach oben. Die glamouröse Europäerin gilt als neue Ikone glamouröser Schönheit. Sie ziert die Titelblätter der Gazetten, ihr Haarschnitt mit Mittelscheitel avanciert zur Trend-Frisur zudem gilt die Lamarr als Inspiration für Disneys „Schneewittchen“ oder auch „Catwoman“. Mit „Algiers“ gelingt ein erster Filmerfolg, doch bald gilt der Star als schwierig und die guten Rollen blieben aus. Privat scheitert auch die zweite Ehe, mit dem vermögenden Flugpionier Howard Hughes findet sich schließlich ein Partner, der das wissenschaftliche Interesse der Schauspielerin teilt. Die tüftelt in ihrer Freizeit nicht nur leidenschaftlich an einer kompakten Würfel-Version von Coca-Cola, sondern auch an einer revolutionären Verschleierung im störungssicheren Funkverkehr, dem so genannten Frequenzsprungverfahren. Dafür gibt es prompt ein Patent, die US-Militärs indes scheinen das Potenzial im Kriegseinsatz zu verkennen. Ein Frau wie die Lamarr soll gefälligst mit Küssen für Kriegsanleihen Werbung machen statt sich in die Männerdomäne Technik einzumischen.  
 
Die Erfindung der Schauspielerin gerät in Vergessenheit. Erst Jahrzehnte später wird die Erfinderin kurz vor ihrem Tod im Jahr 2000 mit der Verleihung eines Technik-Ordens sowie einem großen Artikel im Forbes-Magazin gewürdigt. Heute gilt ihre Erfindung als Grundlage aller kabellosen Kommunikation. In jedem Mobiltelefon und Wlan-Netzwerk steckt der Pioniergeist Hedy Lamarrs. Der Wert ihrer Erfindung wird auf 30 Milliarden Dollar geschätzt
 
Wie bei einem ordentlichen Biopic üblich, werden die bedeutenden Lebensstationen abgehakt. Neben Angehörigen und Freunden sorgen hier zudem die Aussagen von prominenten Fans für das Gesamtbild. Mel Brooks, Peter Bogdanovich oder Woody Allen kommen zu Wort, aber auch Diane Kruger darf, gleichsam als Betroffene, von klassischen Vorurteilen über attraktive Frauen erzählen.
 
Der besondere Coup besteht freilich in den Erzählungen der Hedy Lamarr selbst. Die gab einst ein langes Interview, das offensichtlich lange verschollen war - bis der vergessliche Journalist seine vier alten Aufnahme-Kassetten lange Zeit später zufällig wiederfand.
 
Wie schön, dass dieser außergewöhnlichen Diva mit dieser Doku ein verdientes Denkmal gesetzt wird. Dem resoluten Star bleibt hier auch das letzte Wort gegönnt: „Es kann sein, dass du der Welt alles von dir gibst und alles, was du zurückbekommst, ist ein Schlag ins Gesicht - tu es trotzdem!".
 
Dieter Oßwald