Spätestens seit die Pop-Art in den 60er Jahren entstand sind Selbstdarstellung und künstlerisches Schaffen kaum noch voneinander zu trennen. In diesem Sinne darf man den eine Generation später bekannt und erfolgreich gewordenen Jeff Koons fraglos als einen der besten Künstler seiner Zeit bezeichnen. In Pappi Corsicatos Dokumentarfilm „Jeff Koons – A Private Portrait“ berichtet der Koons nun über sein Leben und Werk.
Italien 2023
Regie & Buch: Pappi Corsicato
Dokumentarfilm
Länge: 80 Minuten
Verleih: Little Dream Pictures
Kinostart: 28. November 2024
FILMKRITIK:
1955 im amerikanischen Bundesstaat Pennsylvania geboren, zog es Jeff Koons Ende der 70er Jahre nach New York. Genau der richtige Ort, vor allem aber genau die richtige Zeit für einen modernen Pop-Künstler, um anzuecken, Erfolg zu haben und sehr viel Geld zu verdienen. Andy Warhol War noch am Leben, junge Künstler wie Julian Schnabel oder Jean-Michel Basquiat mischten die Szene auf, in der Jeff Koons wie ein Alien gewirkt haben muss. Denn im Gegensatz zu den meisten Zeitgenossen der Kunstszene, kleidete sich Koons zurückhaltend, um nicht zu sagen spießig. Dass er einige Jahre später durch eine kurze Ehe mit dem italienischen Porno-Star Illona Staller regelmäßig in der Boulevard-Presse auftauchen sollte, mutet da nur auf den ersten Blick seltsam an.
Denn Koons Kunst war von Anfang an speziell, verband die Ideen des Ready-Mades – bei denen gewöhnliche Objekte durch die bloße Präsentation im Ausstellungskontext zu Kunstobjekten geadelt wurden – mit denen der Pop-Art: So wie einst Andy Warhol Suppendosen vergrößert gemalt hatte, so vergrößerte Koons bald banale Dinge wie ein Bonbonpapier oder einen aus Luftballons hergestellten Hund in wertvolle, glänzende Objekte. Auch Skulpturen von Michael Jackson und seinem Affen Bubbles entstanden, ebenso Werke, in denen Koons selbst zusammen mit seiner Frau Ilona Staller beim Sex zu sehen sind.
Beflissentlich hakt der italienische Regisseur Pappi Corsicato in seinem Dokumentarfilm „Jeff Koons – A Private Portrait“ die Stationen von Jeff Koons Leben ab, hatte augenscheinlich ausgiebig Zugang zum Künstler und seiner Familie, nutzt diese Gelegenheit jedoch nicht, um mehr als eine glatte Oberfläche zu präsentieren.
Brüche im Leben, Krisen, vielleicht auch der steinige Weg zum Erfolg werden in Nebensätzen abgehandelt, egal ob es sich um ein frühes Kind handelt, dass Koons damalige Freundin ohne seine Einwilligung zur Adoption freigab oder die Ehe mit Staller, aus der ein weiteres Kind hervorging, über dessen Sorgerecht offenbar lange gestritten wurde.
Vielleicht passt diese Oberflächlichkeit aber auch zu einem Mann, der inzwischen einer der teuersten lebenden Künstler ist, dessen Werke für zig Millionen verkauft werden (das teuerste Koons-Werk wurde für über 58 Millionen Dollar verkauft!), aber in der Herstellung oft auch Millionen kosten.
Einblicke in Koons Arbeitsweise bleiben leider rar, ein kurzer Blick in ein Atelier, das eher einem Büro ähnelt, deutet jedoch an, das Koons inzwischen eine Marke ist. Konns selbst hat zwar die Ideen hat, die eigentliche Herstellung der Kunstwerke überlässt er aber seinen zahlreichen Mitarbeitern. Die stellen dann in aufwändiger Handarbeit die übergroßen Ballonhunde her, deren Glanz durch stundenlanges Feilen und Schmirgeln entsteht und sie gerade in der modernen Instagram-Welt zu so beliebten und tausendfach fotografierten Objekten macht. Hinter der glatten Oberfläche Jeff Koons dürfte es zwar einiges mehr zu entdecken geben, doch dorthin zu blicken, gelingt Pappi Corsicato informativem, aber auch konventionellem Dokumentarfilm nicht.
Michael Meyns