kleine Eisbär 2, Der – Die geheimnisvolle Insel

Komödie, Kinderfilm, Zeichentrick
Deutschland 2005, ca. 81 min.
Regie: Piet De Rycker, Thilo Rothkirch
Drehbuch: Bert Schrickel, Thomas Wittenburg, Piet De Rycker, Rolf Giesen,
Synchronsprecher: Maximilian Artajo, Céline Vogt, Leander Wolf, Anke Engelke, Dirk Bach,
Joy Gruttmann, Atze Schröder, Oliver Kalkofe, Bastian Pastewka, Ralf Schmitz, Mirco Nont-
schew, Eva Mattes, Ingolf Lück, Simon Gosejohann, Elton, Tetje Miernendorf, Birgit Lech-
termann, Lisann Lechtermann, Harry Rowohlt.
Verleih: Warner Bross
Filmstart: 29. September

Schauplatz Nordpol. Im ewigen Eis ist die Welt noch in Ordnung. Doch dann landen der kleine Eisbär Lars, die Seerobbe Robby und der Pinguin Caruso in einem Eisenbahn-wagon, der sie in den Süden, auf „die geheimnisvolle Insel" verschlägt. Die Geschichte erzählt von Freundschaft und Erwachsenwerden, Ich-Findung und Respekt gegenüber Fremdem; alles eingekleidet in eine liebevoll gestaltete Bilderwelt. Wer den kleinen Eis-bären schon aus Hans de Beers Bilderbüchern und der Sendung mit der Maus ins Herz geschlossen hat, der wird auch den zweiten Teil der Leinwandproduktion lieben.

Der kleine Eisbär macht zum zweiten Mal große Sprünge, raus aus dem Kinderbuch, rein in die Kinowelt. Bereits der erste Teil von „Der kleine Eisbär", das größte je in Deutschland produzierte Zeichentrickfilmprojekt, hat Disney auf dem europäischen Markt das Fürchten gelehrt. Mehr als 200 Zeichner und kreative Gestalter waren an der Entstehung des ersten Teils beteiligt. Kritiker zweifelten: Was ist denn bei so viel Monumentalität  vom einfachen Bilderbuch noch spürbar? Wie sollen die eigentlich kleine, ganz normale kindliche Alltagsge-fühle ausdrückende Geschichten des Autors Hans de Beer einen ganzen Kinofilm füllen? Wie kann die Stimmung der durch dezente Farbgebung und einfachen Strich gekennzeichneten Bilder in die Animation übertragen werden? Schon der erste Teil, der vor vier Jahren auf der großen Leinwand zu sehen war, vermochte diese Zweifel größtenteils auszuräumen; doch der zweite Teil überzeugt durch noch mehr Liebe zum Detail und psychologisch komplexeren Figuren als sein Vorgängerfilm. Insbesondere die engagierten Sprecher vermögen den Zei-chentrickfiguren Leben einzuhauchen: Der trällernde Pinguin Caruso bekommt seine Schnat-terstimme von Comedian Dirk Bach, der bereits im ersten Teil des „Eisbär"-Abenteuers den usikalisch höchst untalentierten Watschelvogel gesprochen hat. Das böse Eisbären-Trio um en fiesen Kalle wird von Atze Schröder, Oliver Kalkofe und Bastian Pastewka synchronisiert.

Obwohl in „Die geheimnisvolle Insel" unterschiedliche Erzählstränge und Parallelhandlungen miteinander verflochten werden, gerät die Filmhandlung niemals aus den Fugen – deshalb können auch Kinder im Vorschulalter mühelos folgen. Weil das Drehbuch auf einen durch-gängigen Spannungsbogen verzichtet und die Handlung in mehrere aufeinander folgende Epi-soden zergliedert ist, werden die spannungsbedingten Ängste der Kinder immer wieder auf-gebrochen, und Lars und seine Freunde erleben nicht ein großes, sondern viele kleine Aben-teuer. Am eindrucksvollsten sind die Unterwasserszenen, die in der Rettung eines urzeitlichen Fisches gipfeln, der von ruhmessüchtigen Meeresforschern gejagt wird. Als Gegengewicht zu solch spannungsvollen Momenten fungiert eine slalpstickhafte Komik, die längst zu einem festen Bestandteil von Kindertrickfilmen geworden ist. Dass Kino nicht gleich Bilderbuch ist, sieht man auch an den Farben, die eine gewisse Neigung zum Sentimentalen nicht verleugnen. Piet De Rycker und Thilo Graf Rothkirch kontrastieren in diesem sehenswerten zweiten Teil die schneeweiße Polarwelt des Nordpols mit der tropischen Farbigkeit der Galapagosinsel, wo es Lars und seine Freunde hin verschlägt. Die klassische handgemachte Zeichentricktechnik verschmilzt im zweiten Teil des „kleinen Eisbären" nahtlos mit einer zurückhaltenden Com-puteranimation, die die Trickfiguren eben nicht künstlich aufbläht, sondern den kleinen Zu-schauern behutsam nahe bringt.

Ralph Winkle