Nach seinem mit diversen Oscars prämierten Erfolgsfilm „Im Westen nichts Neues“ standen Edward Berger die Türen Hollywoods weit offen. Unter diversen Projekten, die zur Auswahl standen wählte der deutsche Regisseur „Konklave“, die Verfilmung des Bestsellers von Robert Harris, den Berger mit Starbesetzung und souveräner, wenngleich konservativer Inszenierung zu einem über weite Strecken spannenden, oft vielschichtigem Vatikan-Thriller werden lässt.
Conclave
GB/ USA 2024
Regie: Edward Berger
Buch: Peter Straughan, nach dem Roman von Robert Harris
Darsteller: Ralph Fiennes, Stanley Tucci, John Lithgow, Lucian Msamati, Brían F. O’Byrne, Carlos Diehz, Merab Ninidze
Länge: 120 Minuten
Verleih: Leonine
Kinostart: 21. November 2024
FILMKRITIK:
Der Papst ist tot, der Stuhl Petri unbesetzt. Vor dieser Situation stehen die Kardinäle in Rom, vor allem der mit sich und seinem Glauben hadernde Lawrence (Ralph Fiennes), der das Konklave leiten soll, jenes seit Hunderten von Jahren unverändertem Ritus, der mit weißem Rauch und den Worten Habemus papam endet und der Kirche einen neuen Hirten beschert.
Doch wie das bei einer Wahl für eine Position mit solcher Macht kaum anders zu erwarten ist, läuft auch die Wahl des Papstes nicht ohne Manipulationen und Intrigen ab. Zumal der verstorbene Papst die Kirche modernisieren wollte und als besonders liberal galt, was besonders dem konservativen italienischen Kardinal Tedesco (Sergio Castellitto) sauer aufstieß. Dieser rechnet sich ebenso Chancen aus wie der Nigerianer Adeyemi (Lucian Msamati) und der Franko-Kanadier Tremblay (John Lithgow), während der Italiener Bellini (Stanley Tucci), als Favorit jener Kardinäle gilt, die die liberale Linie fortsetzen wollen.
Und dann ist da noch der Mexikaner Benitez (Carlos Diehz), der plötzlich auftaucht und sich als Kardinal von Kabul vorstellt. Im geheimen ist er vom verstorbenen Papst zum Kardinal ernannt worden, nicht dessen einzige rätselhafte Entscheidung wie sich herausstellt.
Als Deus ex Machina werden plötzliche, wie aus dem nichts kommende Ereignisse bezeichnet, die die Handlung eines Romans und vor allem eines Films voranbringen, oft aber willkürlich und bemüht wirken. Man könnte es also als durchaus passend bezeichnen, dass gerade in einem Film über die selbsternannten Vertreter Gottes auf Erden, solche Momente eine wichtige Rolle spielen. Vor allem fungieren sie jedoch als Hinweis darauf, dass die Vorlage Für „Konklave“ keine große Literatur ist, sondern ein Schmöker, ein dicht konstruierter Thriller, der die Zeit während eines mittellangen Fluges oder eines Tags am Strand vertreibt – und danach schnell wieder vergessen wird.
Es ist somit nur konsequent, dass Edward Bergers Verfilmung des Romans von Bestseller-Autor Robert Harris, oft wie eine Kolportage anmutet, in der die offensichtlichsten Klischees, die Agnostiker über die Institution der Katholischen Kirche hegen und pflegen, bestätigt werden. Fast wähnt man sich angesichts der Intrigen und Manipulationen bei der Versammlung eines Mafia-Clans oder vielleicht doch eher den Rankünen einer politischen Partei, ein Bezug, den Berger bewusst anzudeuten scheint. Doch solche Anspielungen an das Geschehen außerhalb der hohen Mauern des Vatikans bleiben rar, letztlich weiß Berger, was dieser Stoff ist und verlangt.
Mit größter Ernsthaftigkeit inszeniert er sein hervorragendes Ensemble, deutet mit kleinen ironischen Momenten die allzu menschliche Natur der Kardinäle an und spult die über acht Wahlgänge ausgetragene Nachfolgeschlacht wie ein Uhrwerk ab. Allzu ernst darf man das nicht nehmen, über das extreme Konstrukt der Handlung sollte man am besten nicht weiter nachdenken, denn dann würde es schnell zusammenbrechen. Aber Ralph Fiennes dabei zuzusehen, wie seine Figur mit dem Glauben hadert, versucht, dem Willen des verstorbenen Papstes gerecht zu werden und dabei zu entscheiden, ob er ein Diener Gottes oder der Kurie ist, macht großes Vergnügen.
Michael Meyns