Kultourhelden – Vom Ende einer Ära

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Wanderkino. Das hört sich nicht nur altmodisch an, es ist auch altmodisch. Und doch oft die einzige Möglichkeit, wie in kleinen Ortschaften richtiges Kino möglich ist. Im wahrsten Sinne des Wortes „Kultourhelden“ stellt Wolfram Hannemann in seinem Dokumentarfilm also vor, zwei Männer in den 60ern, die seit Jahrzehnten für das Kino leben. Eine Hommage an eine langsam zu Ende gehende Ära.

Website: www.laserhotline.de/kultourhelden/

Dokumentarfilm
Deutschland 2021
Regie & Buch: Wolfram Hannemann
Länge: 105 Minuten
Verleih: Laser Hotline
Kinostart: 5.8.2021

FILMKRITIK:

Viel wird in diesen Tagen über die Zukunft des Kinos geschrieben und gestritten, von der zunehmenden Konkurrenz durch Streamer ist die Rede, von anderen Freizeitaktivitäten ganz zu schweigen. Oft ist der Blick dabei nur auf die Städte gerichtet, in denen oft noch luxuriöse Kino-Verhältnisse herrschen, mit großer Vielfalt und Auswahl.

Doch so sehr Deutschland inzwischen verstädtert ist, gut 20% der Bevölkerung lebt immer noch in Gemeinden mit weniger als 10.000 Einwohnern. Hier lohnt sich ein festes Kino meist nicht, doch die Lust auf richtiges Kino, mit großer Leinwand und Filmprojektor ist auch hier groß - und schafft einen Bedarf, den im Südwesten der Republik zwei engagierte Kinomacher befriedigen: Gerhard Göbelt vom moki in Ludwigsburg und Klaus Friedrich vom Mobilen Kino aus Esslingen. Sie sind die beiden Helden, denen der Journalist und Filmemacher Wolfram Hannemann in seinem Dokumentarfilm „Kultourhelden“ ein Denkmal setzt. Gerade noch rechtzeitig, denn wie der Untertitel Vom Ende einer Ära andeutet könnte die Zeit des mobilen Kinos bald zu Ende gehen.

Jahrgang 1956 sind beide Kinomacher, werden also bald das Rentenalter erreichen. Doch wie es so schön heißt: Sie arbeiten nicht in einem Beruf, sondern gehen einer Berufung nach, die sie wohl so lange betreiben werden, wie die Füße tragen, bzw. in diesem Fall: der Rücken hält. Denn wenn es eine richtige Filmvorführung sein soll, dann reicht es nicht einen kleinen – und daher leichten – Beamer mitzunehmen und eine möglichst weiße Wand umzufunktionieren. Kistenweise Equipment muss in den Lieferwagen gehievt werden, schwere, inzwischen digitale Projektoren, dazu eine Leinwandkonstruktion, die auch in Turnhallen, auf Marktplätzen oder der grünen Wiese Kinofeeling vermittelt. Allein die Filmkopien sind leichter geworden, waren es früher schwere Filmrollen, reichen nun winzige Digitalkopien.

Aus finanziellen Gründen macht man so etwas natürlich nicht, sondern aus Liebe zum Kino. Früher haben Göbelt und Friedrich zusammengearbeitet, inzwischen sind sie Konkurrenten, aber vor allem Freunde. In Wolfram Hannemanns Film berichten sie über Freud und Leid ihres Metiers, über das Glück in den Augen der Zuschauer, aber auch über Probleme mit Verleihern, die oft wenig Interesse daran haben, ihre Filme für einzelne Vorführungen mit vielleicht einhundert Zuschauern zur Verfügung zu stellen. Oft erst fünf, sechs Wochen nach Filmstart können die mobilen Kinos die Filme zeigen, was allerdings auch den Vorteil hat, dass die Macher fast nur solche Filme präsentieren, die sie auch selbst schon gesehen haben und als geeignet für ihr Publikum einschätzen.

Doch was nach ihnen kommt ist ungewiss. Nachwuchs zu finden dürfte schwer werden, die Interessen jüngerer Generationen verändern sich und so wird in einigen Jahren, wenn Gerhard Göbelt und Klaus Friedrich sich zur Ruhe setzen, vielleicht auch diese zwar altmodische, aber unbedingt erhaltenswerte Form des Kinos verschwinden.

Michael Meyns