Liebesdings

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Anika Decker steckt als Autorin und Regisseurin wirklich alles in ihren Film „Liebesdings“. Das Werk ist ein wildes Kuddelmuddel mit modernen Aufreger-Themen, einem düsteren Geheimnis der Hauptfiguren, viel Feminismus und reichlich Wohlgefallen. Es geht um einen Schauspieler, der von einer Journalistin fertiggemacht wird und über Nacht in Ungnade fällt, aber damit auch die Chance erhält, sich selbst neu zu erfinden.

Webseite: https://www.constantin-film.de/kino/liebesdings/

Deutschland 2022
Regie: Anika Decker
Buch: Anika Decker
Darsteller: Elyas M’Barek, Lucie Heinze, Peri Baumeister, Alexandra Maria Lara

Länge: 100 Minuten
Verleih: Constantin Film
Kinostart: 7. Juli 2022

FILMKRITIK:

Marvin Bosch (Elyas M’Barek) ist der größte Filmstar Deutschlands. Sein neuester Film steht an, ein Interview mit Bettina Bamberger (Alexandra Maria Lara) geht aber ordentlich schief, denn sie stellt private Fragen und lockt ihn so aus der Reserve. Marvin bleibt der Premiere seines Films fern, nimmt ungewollt Drogen und betrachtet die feministische Show im Theater 3000. Als ihn seine Freunde Samira und Hakan finden, ist die Kacke sprichwörtlich am Dampfen, weswegen Marvin erst mal bei Frieda (Lucie Heinze), der Betreiberin des Theaters, untertauchen soll.

Man hat den Eindruck, dass Anika Decker einfach alles in das Skript packte, was ihr gerade so einfiel – und von Szenen, die sie mochte, konnte sie sich wohl nicht verabschieden. So gibt es eine lange Passage, in der alle im Theater ihren Show-Act aufführen, bis dann endlich Marvin dran ist. Das Problem: Der Humor zündet nicht, was diese Szene zu einem echten Showstopper macht. Davon gibt es bei „Liebesdings“ aber einige. Immer wieder gibt es episodische Exkursionen, die mit der Haupthandlung nur peripher zu tun haben – so etwa das desaströse Drehen eines Werbespots.

Der Film wirkt darum so, als hätte nicht nur der Feinschliff, sondern gleich die ganze Grobpolitur gefehlt. Denn er kann sich auch nie entscheiden, was er nun eigentlich sein will. Eine romantische Komödie über einen Feministen und einen ignoranten Mann, die nach anderthalb Tagen schon gewaltig verliebt sind? Eine Satire über die Filmbranche? Ein Diskurs über die disruptive Art des Revolverjournalismus? Oder gar ein Drama über Freunde, die ein Ereignis der Vergangenheit noch immer sehr beschäftigt? Kurz gesagt: In diesem Film steckt alles drin, ohne dass ein echter roter Faden erkennbar wäre.

Das macht ihn aber auch nur schwer goutierbar, weil die Tonalität sich ständig ändert, und das Ganze auch mit Kampfbegriffen überfrachtet ist, dass man bisweilen zum Fremdschämen neigt, oder sich langweilt. Und dann gibt es wieder Szenen, die richtig, richtig gut geschrieben sind. Denn eigentlich kann Anika Decker das ja, aber schon mit ihrer letzten Regiearbeit „Traumfrauen“ zeigte sich, dass da dann auch die Drehbücher leiden. Vielleicht sollte sie eine klare Präferenz dem einen oder anderen gegenüber an den Tag legen.

Die Schauspieler sind gut und mühen sich in ihren Rollen, die oft wenig mehr als eine Klischeesammlung oder eine Karikatur sind. Elyas M’Barek ist im echten Leben derselbe Star wie seine Figur Marvin Bosch – ob er auch schon keine Lust mehr auf diese Art Film hat und gerne etwas mit mehr Gehalt machen würde?

 

Peter Osteried