Merry Christmas

Frankreich/Deutschland/England/Belgien/Rumänien 2005
Regie: Christian Carion
Darsteller: Diane Krüger, Benno Fürmann, Guillaume Canet, Daniel Brühl, Gary Lewis, Thomas Schmauser, Gary Lewis, Dany Boon
115 Minuten
Verleih: Senator
Ab 24. November 2005
www.senator.de

An Heiligabend 1914 legen die deutschen, französischen und schottischen Soldaten an der Westfront die Waffen nieder, um für einen Abend miteinander Weihnachten zu feiern. Ein Film über Humanismus und Nächstenliebe in Zeiten des Ersten Weltkriegs mit Benno Fürmann, Diane Krüger, Daniel Brühl und Guillaume Canet in den Hauptrollen. Großes europäisches Kino, das zwischendurch aber auch am Rande des Kitsch steht.

Als 1914 in Europa der Krieg ausbricht, jubeln Hunderttausende junger Männer in Deutschland, Großbritannien und Frankreich, die sich freiwillig zum Krieg melden. Der Berliner Tenor Nikolaus Sprink (Benno Fürmann) und die dänische Sopranistin Anna Sörensen (Diane Krüger) werden mitten in ihrer Vorstellung von einem Offizier überrascht, der dem Opern-Publikum die Nachricht vom bevorstehenden Krieg übermittelt. Der schöngeistige Sänger ist kein Befürworter, wird aber unweigerlich eingezogen, um seinem Vaterland zu dienen. Das junge Paar wird getrennt und der Tenor steht schneller als ihm lieb ist neben General Horstmayer (Daniel Brühl) im Schützengraben an der Westfront.

In unmittelbarem Abstand belauern sich dort deutsche, französische und schottische Soldaten, während das Feld vor ihnen gesäumt ist mit Leichen. Es ist kurz vor Weihnachten, die Temperatur liegt unter dem Gefrierpunkt und um die Schützengräben herum liegt Schnee. Nach der anfänglichen Kriegsbegeisterung sind die Männer müde und ausgelaugt und haben eigentlich nur noch den Wunsch nach Frieden.

Auch Anna Sörensen will sich diesen Wunsch erfüllen, indem sie Kronprinz Wilhelm von Preußen zu einem Konzertabend an Heiligabend in der Nähe der Westfront überredet, an dem auch ihr geliebter Nikolaus Sprenk teilnehmen soll. Zwar erscheint der Tenor, doch verspürt er kurz nach der Ankunft die Pflicht für seine Kameraden zu singen, so dass er und seine Geliebte nach dem Konzert in Windeseile zurück in den Schützengraben fahren.

Das intonierte „Stille Nacht“ bekommt Symbolcharakter, denn Deutsche, Franzosen und Schotten vereinbaren einen temporären Waffenstillstand und vergessen für ein paar Stunden den Krieg, trinken miteinander Wein und tauschen Lebensmittel aus. Am darauf folgenden Tag begraben die Soldaten ihre Toten und lassen sich sogar zu einem Fußballspiel hinreißen.

„Merry Christmas“ ist das zweite Werk des Franzosen Christian Carion, der 2001 mit „Eine Schwalbe macht den Sommer“ einen ersten Erfolg feiern konnte. Sein neuer Film wird international für Aufsehen sorgen, denn er ist ein Plädoyer für Humanismus und Nächstenliebe – und ganz nebenbei natürlich auch recht gelungener. In Cannes lief er außer Konkurrenz und wurde sehr wohlwollend aufgenommen und Frankreich wird „Merry Christmas“ auch als Oscar-Vorschlag für 2006 ins Rennen schicken.

Um ein Haar würde es sich hierbei auch um einen großartigen Film handeln, hätte man Diane Krüger und Benno Fürmann doch nur mit kleineren Rollen ausgestattet! Sobald die beiden Opernsänger im Film ihren Mund öffnen, um den Zuschauern (mit Hilfe von Vollplayback) ein schönes Ständchen zu singen, macht sich der Film lächerlich. So unglaubwürdig hat man selten einen Schauspieler als Opernsänger gesehen, zumal wenn Benno Fürmann über die gesamte Filmlänge den einen immergleichen melancholischen Blick aufsetzt des gepeinigten Schöngeistigen aufsetzt.

Dennoch ist „Merry Christmas“ ein überzeugendes Drama, das zwischendurch auch mit erleichternd-humorvollen Zwischentönen begeistert und die Sinnlosigkeit des Krieges untermalt. Ganz stark: Daniel Brühl als vollbärtiger General Horstmayer, der perfekt in deutscher, englischer und französischer Sprache seine Rolle spielt. Selten läuft der Film Gefahr, zum emotionalen Schmachtfetzen zu werden – höchstens dann, wenn Benno Fürmann einen Tannenbaum in die kalte Nacht streckt und „Adeste Fidelis“ singt. Doch an Weihnachten sollen solche bedeutungsschwangeren Gesten ruhig erlaubt sein. Frohe Weihnachten.

David Siems