My Internship in Canada

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Auch in Deutschland war „Monsieur Lazhar“ ein Erfolg, nun lässt der kanadische Regisseur Philippe Falardeau seiner für den Oscar nominierten Komödie eine etwas zahme Polit-Satire folgen. Vielleicht ist das politische Geschäft in Kanada einfach zu bedächtig, so dass „My Internship in Canada“ vor allem als leichte Komödie überzeugt und weniger als scharfe Analyse der politischen Landschaft.

Webseite: www.arsenalfilm.de

OT: Guibord s'en va-t-en guerre
Kanada 2015
Regie, Buch: Philippe Falardeau
Darsteller: Patrick Huard, Irdens Exantus, Clemence Dufresne-Deslieres, Suzanne Clement, Sonia Cordeau
Länge: 108 Minuten
Verleih: Arsenal Filmverleih
Kinostart: Frühjahr 2016
 

FILMKRITIK:

Steve Guibord (Patrick Huard) ist Hinterbänkler im kanadischen Parlament. Als Vertreter einer kanadischen Provinz im Bundesstaat Quebec ist er weniger mit großer nationaler Politik beschäftigt, als mit lokalen Problemen. Zu denen zählt vor allem ein Streit zwischen indianischen Ureinwohnern und einer Minengesellschaft, die auf dem Gebiet der Ureinwohner nach Bodenschätzen graben will. Seine Qualifizierung zum Politiker ist eher gering, gewählt wurde Guibord wegen seiner Popularität als ehemaliger Eishockeyspieler.

Um sein politisches Profil zu schärfen stellt er den jungen, engagierten Haitianer Sovereign Pascal (Irdens Exantus) ein, der zu jeder Situation das Zitat eines berühmten politischen Denkers Parat hat. Und auch sonst erweist sich Sovereign als nützlicher Berater, denn wie es der Zufall will, ist Guibord Stimme auf einmal von besonderer Bedeutung: Im Parlament herrscht eine Patt-Situation und so ist der unabhängige Abgeordnete Guibord auf einmal das Zünglein an der Waage. Und das bei einer besonders schwerwiegenden Entscheidung: Soll Kanada sich militärisch an einem Einsatz in Osteuropa beteiligen oder nicht?

Während Guibord von beiden Parteien mit immer größeren Versprechungen umworben wird hat er mit ganz anderen Problemen zu kämpfen: Zum einen seiner Flugangst, die ihn nötigt, die Weiten Kanadas mit dem Auto zu durchfahren, zum anderen ein drohender Streit zwischen den Frauen seiner Familie, seiner pazifistischen Tochter Lune (Clemence Dufresne-Deslieres) und seiner geradezu kriegslüsternen Frau Suzanne (Suzanne Clement).

Neben Versicherungsvertretern (und Journalisten…) zählen Politiker zu den Berufsgruppen, denen am wenigsten Vertrauen entgegengebracht wird. Dementsprechend sind Filme über Politiker auch meist von Zynismus und Machtmissbrauch geprägt, wie man zuletzt etwa in „Der Aufsteiger“ oder der Erfolgsserie „House of Cards“ sehen konnte. In die Kerbe des skrupulösen Machtmenschen, der für den persönlichen Erfolg jegliche Moral begräbt schlägt der kanadische Regisseur Philippe Falardeau in „My Internship in Kanada“ allerdings dezidiert nicht. Sein Held Steve Guibord wird zwar vor allerlei Versuchungen gestellt – vor allem ein Ministerposten soll ihn locken – doch so bitterböse wie in den meisten Filme des Genres Politsatire geht es hier nie zu.
Dass ist zwar nicht per se problematisch, schließlich bemühen sich in der Realität fraglos die meisten Politiker eines demokratischen System, mit lauteren Mitteln das Beste zu erreichen, doch für den vorliegenden Film hat es Konsequenzen. Dass Politgeschäft, so wie es Falardeau hier schildert, wirkt dann doch etwas bedächtig, allzu sehr von umgänglichen Personen geprägt, die auf Diskussionen und Einverständnis aus sind. Dementsprechend zur Nebensache wird dann auch die im Originaltitel angedeutete Frage nach Krieg oder nicht-Krieg.

Viel mehr Raum wird den Familienstreitigkeiten der Guibords eingeräumt, vor allem aber der Figur Sovereigns, der letztlich die interessanteste Persönlichkeit des Geschichte ist. An ihm zeigt Falardeau in den besten Momenten seines Films, wie der Enthusiasmus, Dinge verändern zu wollen, oft mit der Realität kollidiert. Bissig ist „My Internship in Kanada“ allerdings auch in diesen Szenen nicht, sondern vor allem eine hübsche, manchmal etwas handzahme Komödie über das Leben in Kanada.
 
Michael Meyns