Oops! Die Arche ist weg …

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Ein knallbuntes Vergnügen für die ganze Familie: Hübsch anzusehen und mit liebevollen Details erzählt der Animationsfilm die Geschichte der Arche Noah aus ungewohntem Blickwinkel – ohne Menschen. Dabei geht es um zentrale humanitäre Themen wie Freundschaft, Familie, Flucht und Heimat.
Im Mittelpunkt des turbulenten Abenteuers stehen zwei gegensätzliche Tierkinder – Finny und Leah, die plötzlich auf sich allein gestellt sind, während die Arche am Horizont verschwindet. Drollige Animationen, ein paar Filmzitate und viele Anspielungen auf heutige Zeiten sorgen für Spaß und gute Laune, ebenso die Dialoge, die so witzig sind, dass auch Erwachsene ihre Freude daran haben werden.

Webseite: www.ooops-derfilm.de

Deutschland, Luxemburg, Belgien, Irland 2014
Regie: Toby Genkel
Drehbuch: Mark B. Hodkinson, Richard Conroy, Toby Genkel
Musik: Stephen McKeon
Animationsfilm
87 Minuten
Verleih: Senator
Kinostart: 30. Juli 2015
 

FILMKRITIK:

Alle Tiere sind gleich – nur manche sind gleicher: Das bekannte Zitat aus „Farm der Tiere“ gilt auch für die Einschiffung auf die Arche Noah. Nur Tiere, die auf der Liste stehen, dürfen mit. Pech für den alleinerziehenden Nestrier Dave und seinen Sohn Finny, die – wie alle anderen – vor der drohenden Sintflut flüchten wollen. Glücklicherweise ist Dave nicht nur manchmal ein bisschen tölpelig, sondern auch sehr erfinderisch. Sie verkleiden sich und kommen glücklich an Bord, legen sich aber gleich mit Mutter und Tochter Grymp an, in deren Rollen sie geschlüpft waren. Während Grympmama Kate sich mit Dave zofft, toben Finny und das Grympmädchen Leah verbotenerweise über das Schiff und die Gerüste, die es noch an seinem Standort halten. Und plötzlich … fährt die Arche los. Ohne Finny und Leah.
 
Die beiden Kids sind nun ganz alleine, und sie merken bald, dass es ziemlich dämlich ist, sich angesichts der Gefahren, in denen sie schweben, auch noch zu zanken. Nicht nur die steigenden Fluten bedrohen ihr Leben, auch zwei fiese Flugungeheuer stellen Leah und Finny nach. Während die beiden Pläne entwickeln, wie sie die Arche doch noch erreichen können, haben sich auch Dave und Kate zusammengerauft. Gemeinsam wollen sie den Kapitän dazu bewegen, das Schiff zu wenden, um ihre Kinder zu retten …
 
Die Originalstory ist hübsch ausgedacht und nicht nur spannend, sondern auch politisch korrekt. Leah, die weibliche Hauptfigur, ist eine kesse Göre, abenteuerlustig, mutig und temperamentvoll. Finny ist eher sanftmütig und ein bisschen ängstlich, er knuddelt gern und wird gern geknuddelt. Sein größter Wunsch ist es, Freunde zu finden. Bis jetzt ist er mit seinem Vater immer nur herumgereist. Vater Dave, ein ebenso friedfertiger wie umständlicher Dampfplauderer, wird von Christian Ulmen gesprochen, und ihm gelingt ein für Animationsfilme höchst seltener Coup: Er schenkt Dave eine unverwechselbare Persönlichkeit und macht ihn zu einem höchst liebenswerten Charakter. Katja Riemann spricht die selbstbewusste Einzelgängerin Kate – sie macht das gut, kann aber mit Christian Ulmen nicht ganz mithalten, der perfekt in die Rolle des netten und nur auf den ersten Blick ziemlich einfach gestrickten Nestlers passt.
 
Die Tieranimationen sind klug durchdacht und zeigen einen eigenen Stil: nicht übertrieben niedlich, aber dennoch einigermaßen drollig. Zu den bekannten Tieren gesellen sich viele erfundene. Dazu gehören die Nestler, die Grymps, aber auch der gemütliche Mobesy – eine Art Riesenkröte – und sein Parasit, der freche Stayput. Die farbenfrohen Nestler sehen aus wie besonders knuffige Plüschtiere. Sie leuchten im Dunkeln, und wenn sie Angst haben, hüllen sie sich in blaue Gaswolken. Die Grymps sind als Raubtiere eine Mischung aus Wolf, Hyäne und Wildkatze, aber nicht allzu bedrohlich. Denn wie alle anderen Tiere müssen sie sich für die Dauer der Reise an die Arche-Regeln halten und vegetarisch leben.
 
Zusätzlich zur kindgerechten Story mit Zitaten aus vielen bekannten und beliebten Familienfilmen der letzten Jahrzehnte – inklusive „Findet Nemo“ und „Ice Age“ – sorgen fantasievolle Details für Spaß im Kino. Die Arche ist bis zu den Lautsprecherdurchsagen organisiert wie ein modernes Kreuzfahrtschiff mit Schimpansen als Stewards und Kabinen mit und ohne Meerblick. Der eitle Löwe, Cheforganisator und Kapitän, trägt nachts heimlich Lockenwickler, seine Helfer sind passenderweise die pflichtbewussten Gorillas. Die reiselustigen Nestler haben schicke kleine Trolleys, und zwischendurch sind kleine Computerspielsequenzen eingestreut. Auch wenn der Blick aufs Merchandising manchmal allzu deutlich wird und nicht jede kleine Einzelheit hundertzehnprozentig stimmig ist: Als familienkompatibles, fröhlich buntes Kinoabenteuer ist der Film sehr empfehlenswert, und zwar auch schon für kleine Zuschauer.
 
Gaby Sikorski