Paradise Girls

Deutschland/Niederlande 2004
Regie: Fow Pyng Hu
Kamera: Benito Strangio
Darsteller: Kei Katayama, Eveline Wu, Jo Koo, Guido Pollemans, A.C. Chang, Yiu Chi Kwan
97 Min. OmU.
Kinostart: 17.11.2005
Verleih: Flax

Das einfühlsame Portraits dreier junger Frauen, die an einem Wendepunkt ihres Lebens stehen. Souverän mischt der holländisch-chinesische Regisseur Fow Pyng Hu in seinem zweiten Spielfilm komödiantische mit tragischen Elementen, wechselt von Dur in Moll. „Paradise Girls“ zeichnet sich durch eine Kunst des Erzählens aus, bei der die eigentlichen Botschaften in den Bildern und Portraits zu suchen sind, während die Dialoge fast immer nur an der Oberfläche bleiben.

Auf den letzten Berliner Filmfestspielen, als nach der Vorführung eines chinesischen Films eine Publikumsdiskussion entbrannte, wagte ein Zuschauer die Vermutung, dass aus Fernost derzeit die talentiertesten Filmemacher kommen. Der 1970 geborene holländisch-chinesische Regisseur Fow Pyung Hu ist ein solches Talent, und sein zweiter Film „Paradise Girl“ überzeugt durch die lakonische Art, mit der Menschen tiefgründig portraitiert, Geschichten erzählt und in knappen Episoden Konflikte in Szene gesetzt werden. Davon gibt es hier reichlich, denn immer sind es in diesem dreiteiligen Episodenfilm entweder Liebhaber, Väter oder Söhne, die einen Wendepunkt im Leben der drei jungen Frauen einleiten und schicksalhaft so etwas wie eine Vertreibung aus dem Paradies ankündigen. Da ist etwa die erfrischend spontane, aber auch etwas narzisstische Japanerin Miki (Kei Katayama), die ihrem Freund nach Holland nachreist, wo ihre Liebe aber nicht erwidert wird.

Der heiter melancholische Ton, den Fow Pyng Hu hier trifft, setzt sich in der zweiten Episode fort, und dieses Mal ist es die enge Vaterbeziehung einer chinesischen jungen Frau, die gefühlvoll portraitiert wird. Das kleine Idyll, in dem Pei Pei (Eveline Wu) lebt, besteht aus einer Imbissbude, die ihr allein stehender Vater im südholländischen Städtchen Heerlen betreibt, aus gepflegter Langeweile mit ihren Freundinnen und zaghaften Flirts auf Karaoke-Partys mit dem anderen Geschlecht. Doch als Peis Vater ihr mitteilt, dass er den Imbiss verkauft hat und nach China zurückkehren wird, fühlt man, dass hier eine Kindheit auf schmerzhafte Weise zu Ende geht.
 
Die dritte und letzte Episode ist ausschließlich auf Moll gestimmt: Shirley, ein Fotomodell in Hong Kong, erfährt, dass das Leben ihres kleinen Sohnes Lok Lok nur durch eine riskante Herzoperation gerettet werden kann. In quälend langen, ungeschnittenen Einstellungen erlebt der Zuschauer das bange Warten mit.

Der Film lebt von seiner ungeschminkten Direktheit, die vor allem der Kameraarbeit von Benito Strangio zu verdanken ist. Er hat nicht nur in sensiblen Nahaufnahmen die Gesichter der „Paradise Girls“ fotografiert, sondern auch die Milieus stimmungsvoll in Szene gesetzt: Tokio, hier einmal nicht nachts bei grellem Neonlicht, sondern nackt im hellen Tageslicht, Amsterdam im Herbst, ein kleines holländisches Städtchen, die Bucht von Hong Kong und zu guter letzt ein Südseestrand und das türkis-blaue Meer der Schlussszene, wo sich die drei portraitierten Frauen zufällig begegnen – ein unverkennbares Symbol für das wieder gefundene Paradies.

Ralph Winkle