Wächter der Nacht

(Nochnoi Dozor/Night Watch)
Russland 2004
Regie: Timur Bekmambetov
Drehbuch: Sergei Lukyanenko, Timur Bekmambetov
Darsteller: Konstantin Khabensky, Vladimir Menshov, Valery Zolotukhin, Maria Poroshina, Galina Tunina, Victor Verzhbitsky, Dima Martynov
Länge: 114 Min.
Verleih: Fox
Filmstart: 15.9.2004

In Moskau brechen neue Zeiten an: Timur Bekmambetov präsentiert mit "Wächter der Nacht" den ersten russischen Blockbuster, der an den Kinokassen mehr einspielte als "Herr der Ringe  Die Rückkehr des Königs" und "Spider-Man 2". Doch anstatt einer eigenständigen Filmsprache zu folgen, imitiert der "Wächter der Nacht" leider amerikanische Sci-Fi-Action-Klassiker auf äußerst ärgerliche Weise.

Wer an Filme aus Russland denkt, dem fallen wohl spontan nur Sergeij M. Eisensteins "Panzerkreuzer Potemkin" und die Werke von Andreij Tarkowski und Andrej Swjaginzew ein. Das dürfte sich mit "Wächter der Nacht" ändern, der als Trilogie angelegt ist und laut Foxfilm "in die Geschichte eingehen wird wie die Matrix- oder Herr-der-Ringe-Filme". Der zweite Teil ("Day Watch") wird momentan in Russland produziert, während der dritte Teil laut Gerüchten in englischer Sprache mit internationalen Darstellern gedreht werden soll.

Die Geschichte wirkt relativ absurd: Die Mächte des Lichts und der Dunkelheit haben seit Jahrhunderten einen Waffenstillstand vereinbart. Im Moskau der Gegenwart treiben sich dennoch böse und zornige Fabelwesen wie Hexen und Vampire herum, die wiederum von den guten und mit übermenschlichen Kräften ausgestatteten "Others" und der Organisation des Lichts "Night Watch" überwacht werden.

Einer von ihnen ist Anton (Konstantin Khabensky), dessen neuer Auftrag ihn in die Moskauer Unterwelt führt. Er soll den Teenager Yegor (Dima Martynov) beschützen, der von Vampiren verfolgt wird. Nachdem die Mission fast fehlschlägt und Anton ohne Erlaubnis einen Vampir tötet, wird ihm Olga (Galina Tunina) als Partnerin zugeteilt. Gemeinsam finden sie heraus, dass die "Dark Ones" planen, mit dem Fluch über eine Jungfrau die Balance zu ihren Gunsten zu verändern. Dabei sollen Anton und Yegor eine ganz persönliche Rolle spielen.

Die Geschichte zu "Wächter der Nacht" beruht auf dem gleichnamigen Buch von Sergey Lukyanenko und ist der Auftakt zu seiner Science-Fiction-Trilogie. Bei allem Erfolg den der Film an den russischen Kinokassen aufweisen konnte, lassen sich eklatante Mängel dennoch nicht abstreiten. Die recht magere Story um die pseudo-philosophischen Themen Weltherrschaft, Gut gegen Böse und einer Prophezeiung und dem Auserwählten, der die Menschheit vor ihrem Untergang retten soll, sind dreist bei der "Matrix"-Trilogie entwendet, ebenso wie die düstere Lack-und-Leder-Optik im nächtlichen Moskau und die Sonnenbrillen tragenden Agenten. Ärgerlich sind vor allem die schauspielerischen Darbietungen, die sich immer am Rande der Unglaubwürdigkeit bewegen. Konstantin Khabensky als Weltretter Anton besitzt weniger Authentizität als jeder beliebige Darsteller in einem zweitklassigen MTV-Clip, allzu tapsig spielt er den leidgeprüften und tragischen Helden. Absolut ärgerlich ist auch die dämlich platzierte Schleichwerbung für Kaffee- und Mobilfunkhersteller, die eigentlich jedem Zuschauer eine Träne ins Auge treiben müsste, wie auch die fürchterlich-schaurigen Action-Splatter-Szenen, die lediglich B-Movie-Qualität besitzen.

Vielleicht liegt es an den Sehgewohnheiten von Hollywood, dass man dem aufstrebendem russischen Blockbuster-Kino noch mehr Zeit geben muss. Wenn allerdings das Genre nur darauf bedacht ist amerikanische Vorbilder schlecht zu kopieren, dann wird sich der Erfolg kaum über die Landesgrenzen hinaus tragen lassen. An Eigenständigkeit lässt "Wächter der Nacht" nämlich einiges vermissen.

David Siems