Wellenbrecherinnen

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Wer schon einmal gerudert ist, weiß, wie anstrengend das ist. Bauch, Beine und Arme – viele Muskeln werden beansprucht. Auf der Hamburger Alster macht das eine Stunde lang noch Spaß, aber sechs Wochen auf dem Atlantik? Ohne Unterlass? Vier Hamburgerinnen sind zum Jahreswechsel 2019/20 bei der „Talisker Whiskey Atlantic Challenge“ in einem Spezialboot von La Gomera nach Antigua gerudert – über 5000 Kilometer. Regisseur Guido Weihermüller hat das mutige Quartett 18 Monate mit der Kamera begleitet, von den Vorbereitungen bis zum Zielleinlauf. Herausgekommen ist ein packender Dokumentarfilm mit aufregenden Bildern und bewegenden Szenen. Und vier unerschrockenen „Hauptdarstellerinnen“.

Website: www.wellenbrecherinnen.de

Deutschland. 2020
Regie: Guido Weihermüller
Darsteller: Catharina „Cätschi“ Streit, Meike Ramuschkat, Stefanie Kluge, Timna Bicker
Länge: ca. 120 Min.
Verleih: Close Distance Productions
Kinostart: ab 5.11.2020 in Hamburg, weitere Kinotourtermine ab 12.11. stehen auf der Website

FILMKRITIK:

Wasser, Wasser, Wasser – wohin man blickt, nur Wasser. Es kann einem ganz schön mulmig werden, wenn man mit einem Ruderboot auf dem Atlantik treibt, ohne sichtbaren Kontakt zu anderen Menschen, Gefahren ausgesetzt wie Stürmen, meterhohen Wellen, Walen oder kreuzenden Containerschiffen. Man muss schon mutig sein, kräftig und ausdauernd sowieso, und vielleicht auch ein bisschen verrückt, um den Atlantik im Ruderboot zu überqueren – auch wenn es hochseetauglich ist. Vier Hamburgerinnen haben es trotzdem gewagt und zum Jahreswechsel 2019/20 an der „Talisker Whiskey Atlantic Challenge“ teilgenommen, die von La Gomera vor der Küste Nordafrikas nach Antigua in der Karibik führt. Mehr als 5.000 Kilometer sind das. Man weiß als Zuschauer um die Anstrengungen, die Qualen, die Entbehrungen und die Gefahren.

Regisseur Guido Weihermüller hat die vier Atlantikruderinnen 18 Monate mit der Kamera begleitet. Zunächst stellt er sie uns vor: Catharina „Cätschi“ Streit, 33. Sie schwimmt weder gern noch segelt sie, in einem Ruderboot hat sie noch nie gesessen. Keine guten Voraussetzungen. Ihre Freundin Meike Ramuschkat, 33, ist Cardiologin und hat einmal den Kilimandscharo bestiegen. Stefanie Kluge, 51, ist vierfache Mutter, pharmazeutisch-technische Assistentin und erfahrene Rudertrainerin. Mit dabei ist auch ihre Tochter Timna, 26, eine Medizintechnikerin, die sich ihrer Lebensfreude wegen als „Clown im Boot“ versteht. Irgendwann ist die Idee, an der Atlantic Challenge teilzunehmen, geboren, jetzt ist die Vorbereitung wichtig: Rudern auf der Hamburger Außenalster, Ausdauertraining, Rettungsausbildung, Crashkurs in Elektronik, sportpsychologischer Rat. Dann Kauf des Bootes in England. Doch die Vorbereitungsfahrten, über den Ärmelkanal und durch die Nordsee nach Amrum, gehen schief. Kein gutes Omen. Aber am 12. Dezember 2019 geht es endlich auf La Gomera los, zusammen mit 34 anderen Booten. 42 Tage und 46 Minuten werden die vier Hamburgerinnen von nun an unterwegs sein, ohne Land unter den Füssen, ohne ein Dach über dem Kopf – was für eine Leistung.

Für den Regisseur oder eine wie auch immer geartete Crew war natürlich kein Platz an Bord – die vier Frauen haben selbst mit kleinen Spezialkameras gefilmt. Sie sprechen direkt in die Kamera über ihr Wohlbefinden, wir sehen sie beim Rudern (immer zwei Stunden, dann zwei Stunden Schlaf), beim Essen aus der Dose, beim Sonnenbad, aber auch, wenn sie seekrank in einer der zwei kleinen Kabinen leidend liegen. Einmal schwimmen Delphine im Rudel vorbei, ein anderes Mal wird ein Containerschiff angefunkt. Bilder von einem Unwetter gibt es nicht, weil es zum Aufnehmen zu dunkel und zu gefährlich war. Zwischendurch informieren animierte Karten über die Position des Bootes und die Anzahl der vergangenen Tage. Zuhause warten derweil die Männer und andere Familienmitglieder, ohne helfen zu können, ohne allzu viel zu wissen. Bis es zum Zielleinlauf in Antigua kommt. Gerudert wurde übrigens für einen guten Zweck: Die Erlöse kommen den Projekten „Kinderlachen e.V.“ und „Zeit für Zukunft“ zugute.

Michael Ranze

Anmerkung:
Rechtzeitig zum Filmstart ist auch ein reich bebildertes, 200 Seiten dickes Buch erschienen, das man im Shop auf der Website erwerben kann.