White Angel – Das Ende von Marinka

Ein derart direktes Gefühl dafür, was es heißt, im Krieg zu leben, gab es im Kino selten. Die Dokumentation „White Angel – Das Ende von Marinka“ schafft aber genau das. Sie lässt teilhaben, spüren, schockiert sein ob der Bilder, die über die Helmkamera eines Polizisten, der bei der Evakuierung von Marinka geholfen hat, aufgenommen wurden. Es ist ein ungeschönter, direkter Blick auf ein Land im Ausnahmezustand.

Webseite: https://www.weltkino.de/filme/white-angel-das-ende-von-marinka

White Angel – Das Ende von Marinka
Deutschland 2023
Regie: Arndt Ginzel
Buch: Arndt Ginzel

Länge: 102 Minuten
Verleih: Weltkino Filmverleih
Kinostart: 19. Oktober 2023

FILMKRITIK:

Der Film begleitet Vasyl, einen Polizisten, der zusammen mit seinen Kollegen die Evakuierungen in der zerbombten Stadt Marinka durchführt. Ihr Rettungswagen wird von den Leuten nur „Weißer Engel“ genannt. Vasyl trug dabei immer eine Go-Pro am Helm und dokumentierte was er sah. Um es der Welt zu zeigen, aber auch, um Beweismittel für spätere Strafverfahren zu sichern. Als Zuschauer ist man immer direkt dabei, wenn das Team um Vasyl in die stark verheerte Stadt fährt und oftmals auch richtiggehend die Leute überreden muss, dass es Zeit ist, sich evakuieren zu lassen und nicht länger im Keller auszuharren.

Das Material hat der Leipziger Autor Arndt Ginzel zu einem Dokumentarfilm verarbeitet, der immer direkt an den Menschen ist, aber er trifft Helfer und Überlebende Monate später auch wieder und befragt sie – wie es ihnen jetzt geht, wie sie die damalige Zeit erleben, was sie denken und fühlen. Allen merkt man an, wie sehr der Krieg sie verändert hat, wie der Untergang ihrer Stadt ihr Leben völlig aus der Bahn warf. Es kommt auch das Unverständnis über den Aggressor und die Wut auf die Invasion hoch. Als Zuschauer spürt man sie, und versteht sie auch.

Weil man die Bilder vor Augen hat, wenn Vasyl und seine Freunde bei Verletzten erste Hilfe leisten müssen, wie bei dem Mann, dessen Haus direkt getroffen wurde. Seine Frau starb, er wurde schwer verletzt, die Tochter überlebte – aber dass seine Familie nie mehr sein wird, wie sie mal war, trauen sich die Helfer erst zu sagen, als er bereits im Krankenhaus ist. Es sind Momente der Verzweiflung, aber auch der Entschlossenheit. Vasyl hat keine formale Ausbildung als Sanitäter, sondern tut, was er kann. Sie alle im Weißen Engel tun, was sie können.

„White Angel – Das Ende von Marinka“ ist ein Dokument über den Krieg, und als solches wichtig, weil es ein Verständnis bei jenen erzeugt, die nicht davon betroffen sind. Die Krieg nur aus Erzählungen oder dem Kino kennen, während die Menschen in der Ukraine den Albtraum nun leben. Letztlich ist es eine Geschichte über den Krieg, aber auch über die Hoffnung auf den Frieden und auf Gerechtigkeit.

 

Peter Osteried