Wo die Liebe hinfällt

USA 2005
Regie: Rob Reiner
Buch: T.M. Griffin
Kamera: Peter Demming
Musik: Marc Shaiman
Schnitt: Robert Leighton
Darsteller: Jennifer Aniston, Kevin Costner, Mark Ruffalo, Shirley MacLaine, Mena Suvari, Richard Jenkins
Länge: 97 Minuten
Verleih: Warner Bros.
Kinostart: 22. Dezember 2005

Auf dem Weg zur Hochzeit ihrer kleinen Schwester beginnt Sarah (Jennifer Aniston) zu grübeln: Ihre Karriere stagniert, ihre Verlobung mit Jeff (Mark Ruffalo) irritiert sie und zu allem Überfluss erfährt sie auch noch, dass ihre Familie Vorbild für den Roman und späteren Filmklassiker Die Reifeprüfung war. Was als originelles Konzept beginnt, entwickelt sich rasch zu einer durch und durch soliden, romantischen Komödie, die man allerdings besser nicht mit dem großen Vorbild vergleichen sollte.

Wir erinnern uns: In Die Reifeprüfung wurde der junge Student Benjamin Braddock erst von der erfahrenen Mrs. Robinson verführt, nur um anschließend mit deren Tochter Elaine durchzubrennen. Wie Sarah schnell herausfindet war ihre Großmutter Katharine (Shirley MacLaine, die nach In den Schuhen meiner Schwester eine weitere schöne Nebenrolle hat) Vorbild für Mrs. Robinson. Und auch ihre schon lange verstorbene Mutter fand ihren Weg in die Fiktion, doch hier enden die Ähnlichkeiten. Denn im wirklichen Leben brannte die Mutter nicht mit Benjamin (bzw. Beau, wie er in der filmischen Realität heißt) durch, sondern heiratete und bekam Kinder. Doch ob sie wirklich glücklich war, daran zweifelt Sarah. Sie befürchtet, dass Beau (Kevin Costner), die große Liebe ihrer Mutter war und – ja es geht noch aberwitziger – möglicherweise ihr Vater. Schnell macht sie ihn ausfindig, konfrontiert ihn mit seiner Vergangenheit und – verbringt eine Nacht mit ihm.

Trotz all dieser bisweilen bizarr anmutenden Verwicklungen ist Wo die Liebe hinfällt… weniger konfus als man denken könnte. Allerdings auch weniger originell. Blickt man hinter das inspirierte Grundkonzept der Verwischung von Realität und Fiktion, bleibt eine routinierte romantische Komödie übrig. Ob Drehbuchautor T.M. Griffin ursprünglich ambitioniertere Pläne hatte und er deswegen schon nach wenigen Tagen als Regisseur gefeuert wurde, sei dahingestellt. Unter Rob Reiners solider aber vollkommen uninspirierter Regie, die sich auf das bloße Abfilmen von Dialogen beschränkt, scheint nur gelegentlich der Wortwitz durch, den man sich für den ganzen Film wünschen würde. Jennifer Aniston wiederum spielt genau die Rolle, mit der sie in der Fernsehserie Friends und etlichen Kinofilmen bekannt geworden ist: Eine leicht verwirrte, gut aussehende Frau auf der Suche nach der großen Liebe. Das sie diese am Ende des Films findet steht nie zur Debatte.

Nach gelernten Lektionen über die Liebe und das Leben nimmt Hollywood seinen Gang und man denkt wehmütig an das großartig ambivalente Ende Der Reifeprüfung zurück. Denn während fast alle sonstigen romantischen Komödien ein märchenhaftes Ende suggerieren, ein für immer glücklich sein vorgaukeln, wagte es Mike Nichols Ende der 60er ehrlicher zu sein. Die jungen Liebenden brachen in einem Anflug von Rebellion alle Konventionen, aber schon während sie im Bus saßen, unter den Augen zahlreicher älterer Paare, konnte man beobachten, wie erste Zweifel sich auf ihren Gesichtern breit machten. Das dieses Paar zehn Jahre später glücklich sein würde, das konnte man sich nicht vorstellen. Wo die Liebe hinfällt… dagegen ist konventionelle, gut gespielte, bisweilen pointiert geschriebene Unterhaltung von der Hollywood-Stange. Nicht weniger, aber auch nicht mehr.

Michael Meyns