Das geheime Leben der Bäume

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Der Wald ist seit Jahrhunderten ein deutscher Sehnsuchtsort. Zu sagen, er wäre schlicht ein Haufen von Bäumen, käme einer Entzauberung gleich. Und so verwundert es nicht, dass die Bücher Peter Wohllebens über die verborgene Welt des Waldes die Bestsellerlisten beherrschen. Längst ist der 56jährige ein Star in der Naturszene. Geschickt verbindet Regisseur Jörg Adolph die opulente Naturdoku mit einem spannenden Porträt des engagierten Öko-Försters aus der Eifel. 30 Jahre nach dem großen Waldsterben findet so das Interesse an ökologischen Zusammenhängen, an einem schonenden Umgang mit Ressourcen und natürlichen Kreisläufen den Weg auf die Leinwand.

Webseite: www.facebook.com/DasGeheimeLebenDerBäume

Dokumentation
Deutschland 2019
Regie: Jörg Adolph, Jan Haft
Buch: Jörg Adolph
Darsteller: Peter Wohlleben
Länge: 96 Minuten
Verleih: Constantin
Kinostart: 23.1.2020

FILMKRITIK:

Peter Wohllebens Bestseller „Das geheime Leben der Bäume“, zeigte wie sich ein Massenpublikum von einem Buch zum Thema Wald begeistern lässt. Ihn nun auf der großen Leinwand zu erleben eröffnet einen weiteren, faszinierenden Zugang, um den Wald neu zu entdecken. Regisseur Jörg Adolph („Elternschule“) entführt den Zuschauer mit spektakulären Naturfilm-Sequenzen in die Welt des engagierten Ökoförsters aus der Eifel. Im Duktus des Märchens entwirft der humorvolle „Baumflüsterer“ das Bild eines bestens durchorganisierten sozialen Systems, in dem zwar einerseits das Recht des Stärkeren gilt, andererseits aber der Schwächere niemals allein gelassen, sondern aufgefangen und mitgetragen wird.
 
„Bäume sind keine Holzproduktionsmaschinen“,  so das Credo des Waldhüters.  „Es handelt sich um fühlende Wesen“. In Waldführungen und Lesungen bringt er den Menschen diese außergewöhnlichen Lebewesen näher. Denn was wir heute Wald nennen, ist, in seinen Augen, längst nur noch eine grüne Kulisse der Holzwirtschaft.  Beharrlich kämpft der Walddolmetscher und große Kommunikator für die Rückkehr des Buchen-Urwalds ohne schnell wachsende Fichtenplantagen. Nicht der Profit hat für ihn Priorität, sondern die Gesundheit der Natur. Und damit auch die der Menschen. Konkret heißt das zum Beispiel: Es gibt keine Kahlschläge mehr. Auch sollten Förster weitgehend auf Anpflanzungen verzichten sondern es der Natur überlassen, wo ein Baum wächst.
 
Die Zuschauer erleben wie er in Outdoorhose und festem Schuhwerk, drahtig schlank, mit 1,98 Meter Größe alle überragend,  nach Schweden reist zum ältesten Baum der Erde, der fast zehntausend Jahre alt ist. Danach Betriebe in Vancouver besucht, die einen neuen Ansatz im Umgang mit dem Wald wollen. Last but not least, schlägt er sich auf die Seite der Demonstranten im Hambacher Forst. Mit ihnen machte er sich gegen die Rodung stark. Informativ führt der studierte Forstwirt durch den Urwald der „Heiligen Hallen“ in Mecklenburg und erklärt dabei den Unterschied zur konventionellen Waldplantage.
 
Immer wieder beschwört der 56jährige ehemalige Rheinländer die Selbsterneuerungsfähigkeit des Waldes. Selbst bei niedergebrannten Waldflächen, wie in Treuenbrietzen, bildet das verkohlte Holz, seiner Meinung nach, einen idealen Humusgrund für einen Neuanfang. Faszinierende farbintensive Naturaufnahmen von Jan Haft („Das grüne Wunder“) visualisieren fesselnd seine Erklärungen. Besonders Zeitraffersequenzen, die den langsamen Entwicklungsprozess eines Baumes zeigen, prägen sich ein.
 
Regisseur Jörg Adolphs Dokumentation gelingt es auf einer Reise durch die Welt der Natur die Freude daran und das Staunen darüber zu vermitteln. Streckenweise erinnert er damit an die motivierenden Dokfilme wie Erwin Wagenhofers „But beautiful“. Zudem verblüffen die sensationellen Aufnahmen von Jan Haft. Und ganz im Sinne des Sachbuchautors Peter Wohlleben findet sich ein positiver Ausblick. Denn für ihn steht fest: „Der Wald kommt zurück“. Freilich merkt er noch nüchtern an: „Es wäre nur schön, wenn wir dann noch da sind“.
 
Luitgard Koch