Deepwater Horizon

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Im April 2010 rüttelte ein Unglück auf der schwimmenden Erdölplattform „Deepwater Horizon“ die Weltöffentlichkeit auf. Nach einer Explosion und einem Großbrand versank die Plattform im Golf von Mexiko, woraufhin etwa 800 Millionen Liter Rohöl ins Meer flossen. Regisseur Peter Berg („Battleship“) bringt die Katastrophe nun als actionreiches Thriller-Drama auf die Leinwand. Eine Analyse des Unfalls unternimmt Berg nur am Rande. Viel eher interessiert ihn das Feuerinferno, das er mit viel Pyrochtechnik in Szene setzt.

Webseite: www.studiocanal.de

OT: Deepwater Horizon
USA 2016
Regie: Peter Berg
Drehbuch: J.C. Chandor, Matthew Sand, Matthew Michael Carnahan
Darsteller: Mark Wahlberg, Dylan O'Brien, Gina Rodriguez, Kurt Russell, John Malkovich, Ethan Suplee, Kate Hudson
Länge: 107 Min.
Verleih: Studiocanal
Kinostart: 29. September 2016
 

FILMKRITIK:

Heimelige Familienbilder: Mike Williams (Mark Wahlberg), seine Frau Felicia (Kate Hudson) und die kleine Tochter Sydney (Stella Allen) sitzen am Frühstückstisch. So idyllisch die ersten Minuten sind, die Katastrophe bahnt sich bereits an. Sydney versteht zwar kaum, was ihr Vater als Chefelektriker auf der Ölbohrplattform „Deepwater Horizon“ im Golf von Mexiko macht, demonstriert aber mit einer Coladose, was hoher Druck bewirken kann: Durch ein Loch schießt die schwarze Flüssigkeit in einer Fontäne nach oben. In einer anderen Szene steigt Andrea (Gina Rodriguez), die gefühlt einzige weibliche Technikerin auf der „Deepwater Horizon“, auf ihr Motorrad. Doch der Motor streikt, eine tiefschwarze Abgaswolke qualmt aus dem Auspuffrohr.
 
Dem Zuschauer wäre selbst dann von Anfang klar, dass es hier zur Katastrophe kommt, wenn anno 2010 nicht so umfangreich über die bislang größte Ölpest in der Menschheitsgeschichte berichtet worden wäre. Interessant wäre ein Blick auf den genauen Unfallhergang und die BP-Firmenpolitik. Das Drehbuch von J.C. Chandor („Margin Call“), Matthew Sand und Matthew Michael Carnahan bleibt hier allerdings an der Oberfläche. Mit Donald Vidrine tritt ein von John Malkovich gespielter BP-Vertreter auf, der auf den Start der Bohrungen in 5500 Metern Tiefe drängt. Ein Test ergibt zwar Unregelmäßigkeiten, doch Vidrine schiebt die Bedenken von Williams und dessen Chef Jimmy Harrell (Kurt Russell) beiseite. Im Namen von BP schielt Harrell auf die Gewinnmarge – und setzte das Leben der Techniker aufs Spiel.
 
Ein eigener Protagonist von „Deepwater Horizon“ ist die titelgebende Ölplattform selbst, die als riesiges Stahlskelett aus dem Ozean ragt. Die gewaltigen Pumpen, der Lärm und Dreck bestimmen die Atmosphäre. An der Seite von Mark Wahlberg taucht der Zuschauer in den Alltag auf der Bohrinsel ein, den unter anderem ehemalige Ölplattform-Arbeiter authentisch nachstellen. Auch durch das Wissen um die Katastrophe wirken die Maschinen vom Fleck weg bedrohlich und unberechenbar.
 
Wenn es schließlich zum „Blowout“ kommt und eine Fontäne aus Schlamm, Gas und Öl unkontrolliert nach oben schießt, müssen die 120 Arbeiter alleine überleben, bis die Küstenwache eintrifft. Der Unfall passiert etwa in der Filmmitte. Von hier an konzentriert sich Peter Berg, der zuletzt Actionfilme wie „Lone Survivor“ oder „Battleship“ inszeniert hat, auf die Feuerbrunst und die vielen Explosionen. So ist „Deepwater Horizon“ letztlich mehr ein Action- als ein Katastrophenfilm, mehr Feuerwerk als Drama. Die bündig charakterisierten Figuren gehen im Chaos etwas unter, was das Mitfiebern erschwert.
 
Der Abspann zeigt Originalaufnahmen der Katastrophe und spannt damit den Bogen zurück zum realen Ereignis. Die verheerenden Auswirkungen auf die Natur blendet Peter Berg allerdings aus. Ihm liegen die Menschen auf der „Deepwater Horizon“ am Herzen – und die Pyrochtechnik.
 
Christian Horn