Siebzehn

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Der diesjährige Gewinner des Max Ophüls Preises stammt von der Wienerin Monja Art, die ihren Debütfilm „Siebzehn“ in der niederösterreichischen Provinz ansiedelt. Dort erlebt die siebzehnjährige Paula in den Wochen vor den Sommerferien ein Auf und Ab der Gefühle, gespiegelt von ihrer Proust und Flaubert-Lektüre was sich auf dem Papier angestrengt anhört, als Film aber erstaunlich leicht und überzeugend ist.

Webseite: www.salzgeber.de

Österreich 2016
Regie & Buch: Monja Art
Darsteller: Elisabeth Wabitsch, Anaelle Dézsy, Alexandra Schmidt, Christopher Schärf, Alexander Wychodil
Länge: 104 Minuten
Verleih: Salzgeber
Kinostart: 27. April 2017

FILMKRITIK:

Vielleicht weil mit 18 die Volljährigkeit beginnt ist 17 ein Alter des Übergangs, eine Phase kurz vor dem Erwachsensein, am Ende der Schulzeit, wenn die Vorstellungen von dem, was man will, wen man liebt, noch offen und unbestimmt sind. In diesem Schwebezustand sieht sich auch Paula (Elisabeth Wabitsch), die in der Niederösterreichischen Provinz zur Schule geht und sich in einem zunehmend komplizierten amourösen Reigen verstrickt sieht.
 
Heimlich ist sie in Charlotte (Anaelle Dézsy) verliebt, die allerdings mit Michael (Leo Plankensteiner) zusammen ist und nicht an Frauen interessiert scheint. So lässt sich Paula auf die Avancen von Tim (Alexander Wychodil) ein, der mehr für sie empfindet als Paula erwidern kann. Und schließlich ist da noch Lilli (Alexandra Schmidt), die Paula verführt, aber nur ein Spiel spielt.
 
Mit gerade für einen Debütfilm bemerkenswerter Souveränität inszeniert Monja Art die Irrungen und Verwirrungen ihrer jugendlichen Figuren, die sich nicht nur durch das sommerliche Äußere in immer neue hormonelle Verwicklungen verstricken. Möglich wäre es nun gewesen, dieses Setting in komödiantische, klamaukige Richtung zu entwickeln, wie es so viele amerikanische, aber auch deutsche Filme tun, die weniger Wert auf eine Darstellung authentischer Emotionen legen, als auf plakative, möglichst schlüpfrige Szenen.
 
Ganz anders dagegen Art, die auch von gleichgeschlechtlicher Liebe so beiläufig und unaufgeregt erzählt, wie man es selten sieht. Nicht nur hier beginnt auch der Bezug zu Marcel Proust und seinem Jahrhundertwerk „Auf der Suche nach der verlorenen Zeit“ zu mehr zu werden als nur einem gebildeten Verweis. Im Französischunterricht liest und interpretiert Paula Proust und Flaubert, deren Beschreibungen von unerfüllter Liebe, dem Verlangen nach wahren Emotionen, die allzu oft nicht erfüllt werden, sich in der österreichischen Realität spiegeln.
 
Fast alle der vielfältigen Beziehungen des Films sind von einer mehr oder weniger großen emotionalen Ungleichheit gekennzeichnet: Mal liebt der eine mehr, mal will die andere mehr als sie zurückbekommt. Eine Gleichzeitigkeit der Gefühle zu erreichen ist den Figuren sowohl der Romane von Proust und Flaubert, als auch der von Monja Art nicht vergönnt. Ein tragischer, schwermütiger Liebesfilm ist „Siebzehn“ nun jedoch auch nicht, viel mehr ein genau beobachteter, überzeugend gespielter (Hauptdarstellerin Elisabeth Wabitsch wurde auf dem Max Ophüls-Festival ebenfalls ausgezeichnet.) Film über die ersten Lieben, der ein Publikum jeden Alters verdient.
 
Michael Meyns