Song To Song

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Wie kaum ein anderer zeitgenössischer Regisseur hat Terrence Malick einen eigenen, absolut unverwechselbaren Stil entwickelt, den er auch in seinem neuen Film „Song to Song“ nur unwesentlich variiert. Die Musikszene der texanischen Stadt Austin ist diesmal der Schauplatz, doch eine Geschichte im klassischen Sinn gibt es hier nicht, statt dessen lässt Malick einen impressionistischen Fluss aus Bildern und Emotionen entstehen.

Webseite: www.studiocanal.de

USA 2016
Regie & Buch: Terrence Malick
Darsteller: Ryan Gosling, Rooney Mara, Michael Fassbender, Natalie Portman, Cate Blanchett, Berenice Marlohe, Holly Hunter, Val Kilmer
Länge: 130 Minuten
Verleih: Studiocanal
Kinostart: 25. Mai 2017

FILMKRITIK:

Eine lose Trilogie formen „To the Wonder“, „Knight of Cups“ und nun „Song to Song“, die letzten drei Filme Terrence Malicks, der nun angekündigt hat, sich wieder stärker narrativen Mustern zu widmen. Vermutlich keine schlechte Idee, denn weiter als in „Song to Song“ lässt sich der Versuch, einen Film nicht über Geschichte und Figuren zu entwickeln, sondern fast ausschließlich über Bilder und Emotionen, kaum treiben. Das heißt zwar nicht, dass hier willkürlich 130 Minuten lang Bilder aneinandergereiht werden, doch der Versuch, fast ausschließlich über Impressionen das Verhältnis und die Emotionen unterschiedlichster Figuren anzudeuten, wirkt in „Song to Song“ weniger dicht, weniger organisch als noch in „Knight of Cups“.
 
Auf dem Papier ließt sich die Beschreibung des Inhalts notgedrungen viel zugespitzter als sie es in Wirklichkeit ist: BV (Ryan Gosling) und Faye (Rooney Mara) sind Musiker, die in der liberalen texanischen Stadt Austin leben und versuchen, Erfolg zu haben. Verbunden sind sie durch ihre Liebe und den umtriebigen Produzenten Cook (Michael Fassbender), der in Luxus und wechselnden Affären badet. Eine lose Dreiecksbeziehung entsteht, doch bald ist die Liebe vorbei, BV lernt Amanda (Cate Blanchett) kennen, Faye die schöne Französin Zoey (Berenice Marlohe), Cook unter anderem Rhonda (Natalie Portman).
 
Einen losen, sich ständig ändernden, entwickelnden Reigen an Affären und Beziehungen inszeniert Malick nun schon zum dritten Mal, variiert lose die Themen, die ihn seit Jahren umtreiben: Die Suche nach Bedeutung in einer von Oberflächlichkeit und Materialismus geprägten Welt, dem Verlangen nach Spiritualität, nach Wahrhaftigkeit in einer Welt, in der Glauben im weitesten Sinn kaum noch eine Rolle spielt. Das „Song to Song“ in der Musikszene spielt, viele Szenen bei Musikfestivals in und um Austin gedreht wurden, Musiker wie Patti Smith, Iggy Pop oder Flea winzige Auftritte haben, spielt kaum eine Rolle. Wie weggeworfen wirken Szenen, auf denen die Schauspieler im Backstagebereich großer Konzerte agieren, teils gar auf der Bühne, und zehntausende Konzertbesucher quasi zu Statisten werden. Doch genau solche Momente deuten die besondere Qualität Malicks an, dürften auch einer der Gründe sein, warum sich immer wieder Scharen an Hollywoodstars finden, die sich auf die lose, unstrukturierte Arbeitsweise Malicks einlassen, sich ihm geradezu hingeben.
 
Agieren Schauspieler gewöhnlich in einem Korsett, dass durch die Handlung vorgegeben ist, scheinen sie bei Malick mit einer Freiheit zu spielen, die ein sonst nur selten erreichtes Maß an Authentizität ermöglicht. Aus diesen Momenten formt Malick dann seinen Film, lässt erst im Schneideraum eine Form entstehen, die dementsprechend oft nur angedeutet wird. Mal funktioniert das besser, mal schlechter, doch wenn es funktioniert gelingen Malick Momente unwirklicher Schönheit, wie man sie im Kino nur selten erleben kann. Wie ein Rausch, wie pures Glück sind solche Szenen, die auch „Song of Song“ zu einem zutiefst eigenwilligen, speziellen Film machen, aber auch zu einem, den man trotz mancher Schwächen nicht missen mag.
 
Michael Meyns