Tito, der Professor und die Aliens

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Ein verschrobener Professor, seine heimlich in ihn verliebte Assistentin, ein aufgeweckter Junge und seine pubertierende Schwester treffen in der Wüste von Nevada aufeinander. Dort arbeitet der Wissenschaftler an einem geheimen Weltraumprojekt der US-Regierung – und findet sich schon bald inmitten eines irrwitzigen Abenteuers wieder, in dem die Geheimnisse der Area 51 eine zentrale Rolle spielen. Die erfrischende italienische Komödie „Tito, der Professor und die Aliens“ spielt mit gängigen Amerika- und Alien-Klischees und erweist sich auf den zweiten Blick als wesentlich tiefgründiger als erwartet.

Webseite: www.eksystent.com/tito.html

Italien 2017
Regie & Drehbuch: Paola Randi
Darsteller: Valerio Mastandrea, Clémence Poésy, Luca Esposito, Chiara Stella Riccio
Länge: 92 Minuten
Kinostart: 28.03.2019
Verleih: Eksystent Filmverleih

FILMKRITIK:

Die Fahrt nach Amerika haben sich Tito (Luca Esposito) und seine Schwester Anita Chiara (Stella Riccio) wahrlich anders vorgestellt. Nach dem Tod ihres Vaters, soll sich ihr Onkel, ein angeblich bekannter Wissenschaftler, fortan um sie zu kümmern. Statt eines berühmten Forschers aber finden sie einen grummeligen, ungepflegten alten Mann vor, der sich lieber der Suche nach Außerirdischen widmet, als sich mit ihnen abzugeben. Seit Jahren schon forscht er an einem mysteriösen Projekt in der Area 51 in Nevada, nur rund 100 Kilometer von der Glitzermetropole Las Vegas entfernt. Doch Tito und Anita langweilen sich nur, zumal ihr Onkel die meiste Zeit ohnehin in seinem Labor arbeitet. Zum Glück aber gibt es da ja noch Stella, die Kollegin des Professors. Zusammen erkunden sie die Area 51 und erleben bald ein unerwartetes Abenteuer.

„Tito, der Professor und die Aliens“ wurde zu weiten Teilen tatsächlich in der Nähe der weltberühmten Area 51 im US-Bundesstaat Nevada gedreht. Um das militärisch gesicherte Sperrgebiet ranken sich vielen Mythen und Verschwörungstheorien. Für Außenaufnahmen reiste das Team um Regisseurin Paola Randi darüber hinaus ins andalusische Almeria. „Tito, der Professor und die Aliens“ ist für die italienische Filmemacherin der zweite Spielfilm. In den letzten Jahren inszenierte sie vor allem Dokus und Kurzfilme.

Verlust, Schmerz, Familie, Liebe, Weltraum – das alles sind die Themen, die sich in dem flott inszenierten Mix aus Abenteuer, Komödie und Sci-Fi wiederfinden. Das mag zunächst nach einer thematisch überladenen, unausgegorenen Mischung klingen (ebenso wie der Filmtitel etwas umständlich und wenig prägnant gewählt wurde). Paola Randi aber schafft es, alle Elemente ausgewogen und stimmig miteinander zu vereinen. Und sie macht aus „Tito, der Professor und die Aliens“ letztlich auch einen überraschend vielschichtigen und komplexen Film, der an den richtigen Stellen die richtigen Fragen stellt.

Dass Randi für ihre Botschaften in erster Linie satirische und parodistische Mittel nutzt, stellt dabei keinen Widerspruch da. Im Gegenteil. Der Humor verleiht dem Film etwas Erfrischendes und Leichtfüßiges. Und diebische Freude bereitet es Randi zudem, die Erwartungshaltungen der Zuschauer eins ums andere Mal gekonnt zu unterlaufen. Das gelingt ihr unter anderem, indem sie die zahlreichen, im Bezug auf den Handlungsort und die Schauplätze existierenden Vorurteile und Stereotypen ad absurdum führt.

Es geht um Amerika-, Las-Vegas-, Alien- und Weltraum-Klischees, die der Film jederzeit genüsslich durch den Kakao zieht: Angefangen von Anitas weltfremden, herrlich naiven Vorstellungen vom Wohnort und der Lebenswelt des Onkels bis hin zur „touristischen Erschließung“ der Area 51. So werden im Film zum Beispiel vor Ort bizarre Touristen-Hochzeiten mit Alien-Thematik organisiert.

Im letzten Drittel wird der Ton etwas ernster und schwermütiger. Das liegt daran, dass der Film vermehrt ethischen/religiösen Inhalten Raum gibt und die Frage nach dem Leben nach dem Tod stellt. In einigen Szenen werden sogar Erinnerungen an psychologische, spirituelle Science-Fiction-Filme wie „Solaris“ oder „Unheimliche Begegnung der dritten Art“ wach. Nicht zuletzt da man die zum Teil bombastischen Orchester-Klänge auch als Hommage an John Williams verstehen könnte. Und selbst wenn die Effekte nicht immer überzeugen, so kann doch das kunterbunte Setting mit seinen unzähligen skurrilen Requisiten und futuristischen Gimmicks punkten: von rätselhaften Decoder-Maschinen über befremdliche Kopfbedeckungen und futuristische „Tonfänger“ bis hin zu intergalaktischen Plastikobjekten.  

Björn Schneider