
Die Oscars 2025 waren nicht nur eine Feier des vergangen Filmjahrs, sondern auch ein Plädoyer für das Kino als kulturelle Institution. Sean Bakers leidenschaftliche Reden und der überwältigende Erfolg seines Films ANORA machten deutlich, dass das Kino – insbesondere das unabhängige – ein unverzichtbarer Ort bleibt, um Geschichten zu erleben, die bewegen, herausfordern und verbinden.
Die 97. Oscar-Verleihung stand ganz im Zeichen des Independent-Kinos. Sean Bakers ANORA, ein intensives Drama über eine Sexarbeiterin in Brooklyn, war der große Gewinner des Abends und wurde mit fünf Oscars ausgezeichnet. Neben dem Preis für die Beste Hauptdarstellerin, den Mikey Madison erhielt, nahm Baker selbst gleich vier Auszeichnungen entgegen: für den Besten Schnitt, die Beste Regie, das Beste Originaldrehbuch und den Besten Film. Damit ist er der erste Filmschaffende seit Walt Disney 1954, der in einer einzigen Nacht vier individuelle Oscars gewann. Weitere Oscars gingen an Adrien Brody als Bester Hauptdarsteller in DER BRUTALIST, Zoë Saldaña als Beste Nebendarstellerin (EMILIA PÉREZ) und Kieran Culkin als Bester Nebendarsteller (A REAL PAIN). Den Oscar für die Beste Kamera gewann DER BRUTALIST. Edward Bergers KONKLAVE gewann mit 8 Nominierungen immerhin den Oscar für das Beste adaptierte Drehbuch.
Bakers Siegeszug zog sich bereits über die gesamte Award-Saison hinweg – und seine Dankesreden waren dabei stets mehr als bloße Danksagungen. Auch in der Oscar-Nacht betonte er erneut seine Liebe zum Kino: „Wir sind heute Abend alle hier […] weil wir Filme lieben“, erklärte Baker in seiner Rede. „Wo haben wir uns in Filme verliebt? Im Kino. Einen Film in einem Kino mit einem Publikum zu sehen, ist ein Erlebnis. Wir können zusammen lachen, zusammen weinen, zusammen schreien oder erschrecken – oder auch in erschütterndem Schweigen zusammensitzen. Und in einer Zeit, in der sich die Welt oft gespalten anfühlt, ist das wichtiger denn je.“
Der Erfolg von ANORA bestätigt einen klaren Trend: Komplexe, mutige Narrative finden zunehmend Anklang – sowohl bei der Academy als auch beim Publikum. Diese Entwicklung spiegelt sich auch im deutschen Arthouse-Kinomarkt wider: 2024 verzeichneten die Programmkinos ein Besucherplus von über 3 %, während der Gesamtmarkt rückläufig war. Die großen Festivals wie Cannes und Venedig bleiben dabei im Arthousemarkt entscheidend. ANORA, DER BRUTALIST, EMILIA PÉREZ, FÜR IMMER HIER – nahezu alle ausgezeichneten Filme feierten ihre Premiere bei einem Festival. Sie sind nicht nur Sprungbrett für Oscar-Gewinner, sondern auch Motor für die weltweite Aufmerksamkeit unabhängiger Filme.
Auch deutsche Filmschaffende setzten bei den Oscars Akzente: Gerd Nefzer wurde für seine praktischen Effekte in DUNE: PART TWO mit einem Oscar ausgezeichnet.
Bild: Doppelter Oscar-Preisträger Adrian Brody in DER BRUTALIST (c) Universal Pictures