Besser Welt als Nie

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Schon mit 24 Jahren begann Dennis Kailings Auszeit, seine Sinnsuche, die ihn per Fahrrad durch 41 Länder einmal um die Welt führte. Immer mit dabei: Seine Kameras, die der junge Hesse meist allein geführt hat, was der visuellen Abwechslung von „Besser Welt als Nie“ nicht zuträglich ist, doch die Neugier auf das Unbekannte überstrahlt die Schwächen.

Webseite: www.besserweltalsnie.de

Dokumentation
Deutschland 2019
Regie: Dennis Kailing
Länge: 111 Minuten
Verleih: Opticose Production / 24 Bilder
Kinostart: 13. Februar 2020

FILMKRITIK:

Viel erfährt man nicht vom Leben, das Dennis Kailing vor Beginn seiner Reise geführt hat, von den Gründen, die ihn dazu veranlasst haben, sich auf eine Fahrradtour der etwas längeren Art zu begeben, ebenso wenig. Er macht sich einfach auf den Weg, offenbar ohne besondere Erfahrungen, was längere Fahrradfahrten angeht. Sein Ziel: Immer nach Osten fahren, so weit es geht, ab und zu ein Flugzeug nehmen, aber an sich stets auf zwei Rädern fahren und am Ende wieder zu Hause ankommen.

Europa ist in wenigen Filmsekunden hinter sich gebracht, möglicherweise, weil Kailing hier noch wenig erlebte, vielleicht auch, weil er sich erst mit seinen Kameras vertraut machen musste, denn auch was Kameraführung, Drehbuch oder Regie angeht, war Kailing zu Beginn seiner Reise ein vollkommener Laie. Drei Kameras führte er mit, darunter sogar eine Drohne die immer wieder für Flugaufnahmen über eindrucksvolle Landschaften genutzt wird, von Armenien, über Myanmar bis Peru.

Dass Kailing die meiste Zeit seiner Reise, die am Ende über zwei Jahre dauerte, alleine unterwegs ist, macht sich in der Bildgestaltung deutlich bemerkbar. Gerade zu Beginn sind da sehr viele Einstellungen zu sehen, in denen Kailing an seinem auf der Straße abgestellten Kamerastativ vorbeifährt, sich selbst beim Essen oder Fahrrad reparieren zeigt. Doch im Laufe des Films, im Laufe der Reise entwickelt sich neben der Reiseerfahrung, auch Kailings Gespür für Bilder, für das Einfangen der Situationen, die seine Reise besonders gemacht haben.

Über Armenien und den Iran geht es nach Südostasien, Myanmar und Indonesien stehen auf dem Programm, die Durchquerung des riesigen australischen Outbacks erweist sich als schwere Prüfung, bevor es von Sydney per Flugzeug in den Nordwesen der USA geht. Für drei Monate ist nun ein Freund aus Deutschland Reisebegleiter, was vor allem bedeutet, dass weniger Kontakt zu Einheimischen entsteht.
Und gerade solche Szenen, in denen Kailing von Menschen, denen er auf seinen Wegen zufällig über den Weg läuft, mit erstaunlicher Gastfreundschaft aufgenommen wird, zeigen, worin der Reiz einer Reise besteht: Einen Einblick in das Leben anderer Kulturen zu bekommen.

Mit großer Offenheit, die manchmal an Naivität grenzt, wenn er etwa die Gefahren eines südamerikanischen Landes wie El Salvador oder Nicaragua mit einem Witz wegwischt, fährt Kailing unerschrocken durch die Welt, insgesamt über 43.000 Kilometer durch 41 Länder. Was er dabei erlebt hat und in seinem filmischen Tagebuch zeigt, sind nicht in erster Linie schöne Landschaften, sondern viele persönliche Erfahrungen, wie man sie auf organisierten Gruppenreisen oder in Pauschalurlauben in Hotel-Enklaven kaum machen wird, dafür aber als Individualreisender.

Michael Meyns