Nur die Füße tun mir leid – 900 Kilometer Jakobsweg

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Der Jakobsweg: Seit Hape Kerkeling seine Selbstfindung beschrieb, zieht es immer mehr Deutsche in den Norden Spaniens auf die berühmten Pilgerstrecke. Viele bringen Blog-Artikel oder Bücher von der Wanderung mit, die aus Bayern stammende Gabi Röhrl gleich einen Film. Ihre Dokumentation „Nur die Füße tun mir leid“ erzählt in lockerem Plauderton von Sinnsuche und Blasen an den Füßen.

Webseite: www.nur-die-fuesse-tun-mir-leid.de

Dokumentation
Deutschland 2019
Regie: Gabi Röhrl
Länge: 90 Minuten
Verleih: MFF Anton Röhrl/ Die Filmagentinnen
Kinostart: 28. November 2019

FILMKRITIK:

Die ersten Berichte über einen Pilgerweg ins nordwestspanische Galizien, wo sich in Santiago de Compostela das Grab des Apostels Jakob befinden soll, gehen zwar auf das Mittelalter zurück. Doch erst in den 70er Jahren des 20. Jahrhunderts wurde die Tradition der Pilgerfahrt wiederbelebt, der Haupt- und mehrere Nebenwege ausgeschildert. Bis in die 90er Jahre gingen dennoch nur Pilger im dreistelligen Bereich den ganzen oder zumindest Teile der unterschiedlich langen Strecken.
 
Dass die Pilger dabei ihr Streckenbuch mit Stempeln füllen lassen, ermöglicht eine präzise Zählung der Wanderer: Im letzten Jahr erreichten sagenhafte 327.378 Pilger das Ziel Santiago de Compostela, was angesichts der Witterung auf wenige Monate beschränkten Zeitfensters, das für die Pilgerfahrt zur Verfügung steht, bedeutet, dass sich die Pilger oft in wahren Kolonnen durch die Landschaft bewegen. Wie voll es dann gerade abends in den meist rustikalen Herbergen wird, nutze etwa Julia von Heinz in ihrer Kerkeling-Verfilmung zu amüsanten Episoden.
 
Trotz dieser Massenabfertigung zieht es also immer Menschen auf den Jakobsweg, setzen sich immer mehr Sinnsuchende der mehrwöchigen Tortur aus, bei der Sonnenbrand und wunde Füße vorprogrammiert sind. Auch die aus Mittelbayern stammende Gabi Röhrl wurde durch das Kerkeling-Buch dazu inspiriert, den Jakobsweg zu gehen, 2011 war das, etliche Pilgerfahrten auf unterschiedlichen Abschnitten folgten. Und da Röhrl neben ihrer täglichen Arbeit in der heimischen Wirtschaft auch ihre Leidenschaft zur Fotografie entdeckt hatte, lag der nächste Schritt nah: Einen Film wollte sie über den Jaboksweg drehen.
 
Das Ergebnis ist nun der 90minütige „Nur die Füße tun mir leid“, den Röhrl praktisch im Alleingang gestemmt hat. Mit kleiner Kamera filmte sie den Weg und sich selbst, Landschaften und Ortschaften, andere Pilger und viele wunde Füße. In Form eines losen Tagebuchs folgt sie dem Verlauf der Hauptroute, die vom französischen St. Jean Pied de Pont, über das baskische Pamplona, die regionale Hauptstadt Léon bis nach Santiago führt. Was sie dabei über die vielen Kirchen, die den Weg säumen, zu sagen hat, ähnelt blumigen Beschreibungen aus Reiseführern und passt damit zum lockeren Plauderton, der den Film durchzieht.
 
Immer wieder kommen dabei andere Pilger zu Wort, die von ihrer Motivation berichten, den Jakobsweg zu gehen. Meist ist dabei ganz allgemein von Sinnsuche, Selbstfindung, Abschalten und den Versuch, mehr Achtsamkeit zu entwickeln die Rede, nicht unbedingt erhellendes, aber vielleicht ist auch nichts anderes zu erwarten. So viel ist in den letzten Jahren über den Jakobsweg geschrieben worden, so viele Dokumentation haben jeden Meter, jede Kirche und jedes Gasthaus auf dem Weg beleuchtet, dass es kaum möglich scheint wirklich Neues hinzuzufügen. So beschränkt sich Röhrl in ihrem Film darauf, ihre ganz persönlichen Eindrücke ihrer Pilgerfahrt in Bilder zu fassen, ein Ansatz, der vor allem Menschen ansprechen dürfte, die schon selbst den Jakobsweg gegangen sind oder mit dem Gedanken spielen, sich demnächst auf den Weg zu machen.
 
Michael Meyns