Papa Moll und die Entführung des fliegenden Hundes

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Seit 65 Jahren zählt der tollpatschige, aber herzensgute Papa Moll zu den beliebtesten Schweizer Comic-Figuren. Entsprechend groß war die Herausforderung für Regisseur Manuel Flurin Hendry und sein Team, die bunte Welt und die pfiffigen Figuren der Comics detailgetreu zum Leben zu erwecken. Doch es ist ihnen gelungen. Dank des rasanten Slapstick-Humors, der schrulligen Figuren und eines aufwendigen Set-Designs ist der erste Leinwand-Auftritt von Papa Moll ein großer Spaß für die ganze Familie, der den Geist der Comics atmet.

Webseite: papamoll-film.de

Schweiz 2017
Regie: Manuel Flurin Hendry
Drehbuch:  Matthias Pracht, Jann Preuss, Manuel Flurin Hendry
Darsteller: Stefan Kurt, Luna Paiano, Maxwell Mare, Martin Rapold, Isabella Schmid
Länge: 90 Minuten
Verleih: Polyband
Kinostart: 12. April 2018

FILMKRITIK:

Eigentlich könnte für Papa Moll (Stefan Kurt) alles in bester Ordnung sein. Mit seiner Frau (Isabella Schmid) und seinen drei Kindern Evi (Luna Paiano), Fritz (Maxwell Mare) und Willi (Yven Hess) lebt er in der kleinen Schweizer Gemeinde Murmlikon. Einzig der Stress auf der Arbeit in der Schokoladenfabrik und sein unfähiger Chef Stuss (Martin Rapold) setzen ihm zu. Dieser hat einem Kunden eine Großlieferung zugesagt, weshalb die Maschinen auch am Wochenende laufen müssen. Zu dumm, dass Mama Moll ausgerechnet jetzt ihren Wellness-Urlaub geplant hat – und Papa Moll eigentlich auf die Kinder aufpassen muss. Dazu kommt, dass ihm auch noch sein Chef dessen Kinder aufdrückt. Da ist Ärger vor-programmiert, da die Kinder von Papa Moll und die seines Chefs Todfeinde sind.

Die Comicfigur Papa Moll kennt in der Schweiz jedes Kind. Erfunden wurde sie Anfang der 50er-Jahre von der Karikaturistin Edith Oppenheim-Jonas. Beauftragt hatte sie damals eine Schweizer Stiftung, einen Gegenentwurf zu all den ausländischen Comicfiguren zu schaffen. Bis heute sind über 25 Papa-Moll-Comic-Bände erschienen. Die Realisierung des Films kostete 5,5 Millionen Schweizer Franken (ca. 4,7 Millionen Euro). Gedreht wurde im Schweizer Kanton Aargau, die Innenaufnahmen fanden in Deutschland statt.

Die Macher huldigen in der ersten „Papa Moll“-Verfilmung ganz der Comic-Vorlage aus den 50er-Jahren. Dazu gehört auch, eine kunterbunt-verspielte, ein wenig kitschige aber dennoch liebenswerte Welt zu zeichnen, in der ihre Geschichte verortet ist. Eine (Comic-)Realität, in der die Ursprungsgeschichten um Papa Moll auch angesiedelt sind: in einem beschaulichen, zwischen imposanten Bergen eingebetteten Dorf, in dem die Polizei noch mit dem Militärvelo umherfährt und ein Zirkusbesuch noch ein echtes Erlebnis darstellt. Papa Moll lebt zudem das klassische, traditionelle Familienbild. Mit Frau und drei Kindern.

Und entsprechend des konservativen Rollenverständnisses der ersten Nachkriegsjahrzehnte, bekommt hier jeder seine gesellschaftlich gewünschte Aufgabe zugewiesen. Papa Moll (herrlich schrullig: Stefan Kurt) hat als Ernährer der Familie in der Fabrik zu malochen, während sich Mama Moll um die Erziehung kümmert und dafür sorgt, dass täglich etwas zu Essen auf den Tisch kommt. Diese Zeichnung der Figuren und jene konventionelle Rollenzuweisung mögen zunächst altbacken und antiquiert erscheinen. Vergessen darf man aber nicht, dass sich genau darin so viele (Schweizer) Familien wiedererkannten und immer noch wiedererkennen, sonst würden sich die Geschichten nicht nach wie vor so großer Beliebtheit erfreuen (bis heute erscheint jedes Jahr ein neuer Band). Regisseur Hendry bewegt sich lediglich so nah als möglich am Original.

Darüber hinaus bringt „Papa Moll und die Entführung des fliegendes Hundes“ vor allem eines: kurzweiligen Spaß. Verantwortlich dafür sind u.a. das hohe Erzähltempo sowie die vielen kuriosen Wendungen und überraschenden Einsprengsel. Aber auch die bewusst überzeichneten, kauzigen Figuren, die für viele Lacher sorgen. Vom unterbelichteten, nur am Profit interessierten Fabrikchef über die trotteligen Dorfpolizisten bis hin zu Papa Moll selbst, der in so manches Fettnäpfchen tritt. Ergänzt wird all dies durch phantasievolle Einfälle, die sich in einem Film für die ganze Familie ganz wunderbar machen. Etwa der Off-Sprecher, der seine Erzählungen in Reim-Form vorträgt oder die actionbetonten Slapstick-Einlagen aller Beteiligten. Gerade im turbulenten Finale, in dem Papa Moll ordentlich Körpereinsatz beweisen muss.

Björn Schneider