Shadow

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Mit seinem neuesten Film „Shadow“ präsentiert der chinesische Regisseur Zhang Yimou ein Werk, das von seiner Wirkkraft an die Gravitas klassischer Opern erinnert, technisch aber in eine ganz andere Richtung geht. Denn seine Geschichte vom Kampf um den Thron präsentiert Zhang Yimou in harten Schwarzweißhintergründen, vor denen die Menschen die einzigen Farbelemente darstellen. Er erinnert damit an klassische chinesische Tuschemalereien, benutzt den harten Kontrast von Licht und Schatten aber auch, um das von Ränkeschmieden durchzogene Schauspiel zu illustrieren.

Webseite: www.constantin-film.de/kino/shadow

OT: Ying
Hong Kong / China 2018
Regie: Zhang Yimou
Buch: Wei Li, Zhang Yimou
Darsteller: Chao Deng, Li Sun, Ryan Zheng, Jun Hu
Länge: 111 Minuten
Verleih: Constantin
Kinostart: 6. Januar 2019

FILMKRITIK:

China zur Zeit der drei Königreiche: Der König von Pei will um jeden Preis den Frieden bewahren, auch wenn das heißt, eine strategisch wichtige Stadt, die General Yu einst an seinen Widersacher Yang Cang verloren hat, niemals zurückzubekommen. Selbst die Schmach, dass der Prinz des feindlichen Königreichs die Schwester des Königs nur als Konkubine nehmen will, ist dieser zu ertragen bereit. Anders als seine Untergebenen, denn Yu plant einen Coup – mit Hilfe eines Doppelgängers, der als sein Schatten fungiert und ihm erlaubt, gegen den König vorzugehen. Doch beim Spiel um Throne gewinnt oder stirbt man – dazwischen gibt es nichts.

Zhang Yimou spielt mit dem Konzept von Yin und Yang, zwei Begriffen der chinesischen Philosophie, die für polar entgegengesetzte, aber sich bedingende duale Kräfte stehen, die sich nicht bekämpfen, sondern aus zwei Seiten ein Ganzes machen.

In „Shadow“ spielt dieses Prinzip auch eine große Rolle. Nicht nur, weil der wichtige Kampf zwischen dem Schatten und Yang Cang auf einem riesigen Yin-und-Yang-Symbol stattfindet, sondern weil man zwei Reiche hat, deren Antagonismus einander beflügeln. Das eine wäre ohne das andere unvollständig. Das Gleiche gilt aber für Yu und seinen Schatten, die scheinbar am gleichen Strang ziehen, aber völlig unterschiedliche Ziele verfolgen.

„Shadow“ ist von einer unheimlichen Schwere getragen. Fast schon bedrückend, was auch am trist-grauen Zustand der Bilder liegt. Beinahe mutet das Ganze wie eine klassische Oper an. Ein Vergleich, der sich auch aufdrängt, wenn man Zhang Yimous Inszenierung von „Turandot“ kennt, jene Oper von Puccini, deren Handlungsort ins altertümliche China verlegt ist.

Auch bei „Shadow“ spürt man die Wucht und die Macht der Bilder. Zhang Yimou, der mit seinen Filmen „Hero“ und „House of Flying Daggers“ auch großartige Wuxia-Werke mit tollen Kampfchoreographien abgeliefert hat, hält sich hier lange zurück und verzichtet auf den körperlich ausgetragenen Konflikt. Er setzt stattdessen ganz und gar auf die Macht der Worte in einem höfischen Verwirrspiel, das im letzten Akt in einem auch technisch faszinierenden Action-Crescendo aufgeht.

Peter Osteried