The Royal Train

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Verwandte des letzten – vor über 70 Jahren entmachteten – König von Rumänien fahren mit dem Zug durch ihre Heimat und kämpfen um Anerkennung. Was sich wie ein Witz anhört und auch immer wieder absurd wirkt, ist für Johannes Holzhausen Anlass, Fragen über Geschichte und Erinnerung, Demokratie und Monarchie aufzuwerfen.

Webseite: www.theroyaltrain.at

Dokumentation
Österreich 2019
Regie: Johannes Holzhausen
Länge: 94 Minuten
Verleih: Real Fiction
Kinostart: 13. Februar 2020

FILMKRITIK:

Nachdem sich der österreichische Regisseur Johannes Holzhausen in seinem letzten Film „Das große Museum“ ausführlich mit dem Kunsthistorischen Museum in Wien beschäftigt hatte, zog es ihn für seine neue Dokumentation „The Royal Train“ in ein Land, in dem er vorher nie gewesen ist, zu dem er aus familiären Gründen jedoch einige Verbindungen hat: Rumänien.
 
Dort her stammt seine Mutter, die als Kusine des letzten Königs Mihai I. im Alter von acht Jahren flüchten musste, als der König 1947 abgesetzt wurde und der kommunistischen Diktatur Platz machte, die erst 1989 endete. Seitdem ist Rumänien eine Demokratie, zumindest auf dem Papier, denn das Land hat wie so viele Länder des ehemaligen Ostblocks auch 30 Jahren später mit dem Systemwandel, Korruption und weitreichenden Gefühl zu tun, dass früher alles besser war.
 
Eine Darstellung der rumänischen Gegenwart, die sich nur schwerlich von den Schatten der Vergangenheit lösen kann, ist „The Royal Train“ jedoch nur unterschwellig, sozusagen auf Umwegen. Unmittelbarer Anlass für den Film war für Johannes Holzhausen die Verwandtschaft mit Prinzessin Margarete von Rumänien, einer Nichte 2. Grades seiner Mutter, die sich bemüht, die Fahne des Königshauses hoch zu halten.
 
Teil ihrer Bemühungen ist eine jährliche Reise mit dem Königlichen Zug, einem feudal ausgestatteten Salonwagen alter Schule, mit dem die Prinzessin und ihr Gefolge auch in die entferntesten Ecken des Landes reist. Wie sie dort von Fähnchen schwingenden Bürgern empfangen wird, jubelnde Bürger begrüßt und sich wie eine echte Regentin verhält, mutet gleichermaßen seltsam wie rückwärtsgewandt an. Und genau darin mag die sicher nicht überwältigende, aber doch merkliche Begeisterung liegen, die der Prinzessin und anderen Mitgliedern des Königshauses entgegenschlägt: Das Versprechen auf Stabilität, die Erinnerung an eine Zeit, die nostalgisch verklärt wird, von der in erster Linie Prunk und Glorie in Erinnerung sind und nicht die dankenswerterweise vergessenen Missstände.
 
In einer gefestigten Demokratie wie Großbritannien oder den nordischen Ländern, mag die Existenz von Königshäusern aus der Distanz wie bizarre Folklore wirken, die vor allem die Seiten der Klatschpresse füllt, in einer Demokratie, die noch jung und fragil ist wie die rumänische, sieht das ein wenig anders aus.
 
Leicht lässt sich der Wunsch nach einem Wiederaufleben der Monarchie, nach einem starken Mann, als reaktionäre Reaktion auf die nicht erfüllten Versprechen von Freiheit und Demokratie verstehen. Nicht das diese Tendenzen nur im ehemaligen Ostblock festzustellen wären; der Wunsch nach starken Herrschern vergiftet auch im Westen zunehmend das Klima. Ohne sie allzu direkt auf den Punkt zu bringen, umkreist Johannes Holzhausen diese Aspekte, beobachtet mit großer Zurückhaltung das Geschehen um Prinzessin Margarete und ihrem Gefolge, aber auch bei ganz normalen Rumänen, die vom plötzlichen Glanz, der da kurzfristig in ihre kleinen, abgehängten Dörfer kommt, verständlicher Weise fasziniert sind. Wohin der königliche Zug in Rumänien führt, bleibt derweil abzuwarten.
 
Michael Meyns