Auf angenehm leise Weise witzig und sehr stylish präsentiert sich die originelle Geschichte um eine norwegische Wissenschaftlerin, die es beruflich mit allem sehr genau nimmt. Eine Reise nach Paris ändert ihr Leben.
Die anspruchsvolle leichte Komödie lebt von einer ungewöhnlichen, sehr konsequenten Erzählweise, die perfekt abgestimmt ist auf die Hauptfigur: Bent Hamer kombiniert Logik und Perfektion mit erfrischender Herzlichkeit und vielen Überraschungen zu einem ebenso warmherzigen wie extravagant komischen Film.
Webseite: www.1001-gramm.pandorafilm.de
Originaltitel: 1001 Gram
Norwegen/Deutschland/Frankreich 2014
Regie und Drehbuch: Bent Hamer
Darsteller: Ane Dahl Torp, Laurent Stocker, Stein Winge, Hildegun Riise, Per Christian Ellefsen
93 Minuten
Verleih: Pandora
Kinostart: 18. Dezember 2014
Pressestimmen:
„Der Norweger Bent Hamer kann Alltägliches wundersam verrätseln. So entfaltet seine Erzählkunst ein Universum aus Skurrilität, Präzision und Zartheit. Er folgt seiner Heldin auf Schritt und Tritt und schenkt ihr magnetische Präsenz.“
SÜDDEUTSCHE ZEITUNG
„Skurril-Kluges aus Norwegen. Mit Ane Dahl Torp hat Hamer eine wunderbare Hauptdarstellerin gefunden, die seinem lakonischen Erzählstil mit nordischem Understatement entgegenkommt und die feinen Risse in ihrer Figur sichtbar macht.Und optisch ist auch dieser Hamer wieder eine Freude . Die klaren, statischen Einstellungen sind farblich durchkomponiert, und der leise Humor der Erzählung spiegelt sich auch im visuellen Stil wider.“
LEIPZIGER VOLKSZEITUNG
„1001 Gramm ist hübsch skurril, melancholisch und superb gespielt.“
BERLINER ZEITUNG
„Was der in seiner Unaufgeregtheit berührende Film auf allen Ebenen schön vermittelt, ist die Absurdität der Gewissenhaftigkeit.“
KÖLNER STADTANZEIGER
„Regisseur Bent Hamer ist Fachmann für Skurriles: schräge Figuren, lakonischer Humor und ein paar kluge Einsichten über Leben und Liebe.“
KULTURSPIEGEL
„Humor und Philosophie – zwischen diesen beiden Eckpfeilern lässt Bent Hamer seinen sehenswerten Film pendeln. Ohne sich in endlosen Dialogen zu verlieren, streift Hamer grundlegende menschliche Fragen über Ordnung und Chaos, Distanz und Nähe. Der Film ist eine hübsche Metapher für ein Dasein, in dem trotz unzähliger Regeln jederzeit das Chaos ausbrechen kann. Und dieses Chaos ist doch letztlich das Salz in der Lebenssuppe.“
ZITTY BERLIN
FILMKRITIK:
Eigentlich müsste sich Marie in einer tiefen Lebenskrise befinden: Ihre Ehe ist gescheitert, und ihr Mann nutzt ihre Abwesenheit, um tagtäglich immer noch mehr Einrichtungsgegenstände aus dem Vorstadthaus abzutransportieren, wo Marie nun alleine wohnt. Sie nimmt das einfach so hin, denn sie neigt nicht zu emotionalen Ausbrüchen , genauer gesagt, nicht einmal zu Gefühlsäußerungen, sondern wartet geduldig in ihrem winzigen knallblauen Elektroauto, bis der Exmann mitsamt seiner Ladung verschwunden ist. Bevor sie schlafen geht, sitzt sie rauchend und Wein trinkend in ihrem kahlen Haus, dessen kiesbestreuter Vorgarten ebenso praktisch wie abweisend wirkt. Beruflich ist Marie eine absolute Kapazität: Sie überprüft Maße und Gewichte, von der Briefwaage bis zur Sprungschanze. Ihr Vater ist ein weltweit geschätzter Wissenschaftler im norwegischen Eichamt, und Marie ist in seine Fußstapfen getreten. Eigentlich ist es seine Aufgabe, regelmäßig nach Paris zu fahren, um das norwegische Referenzkilo überprüfen und mit dem französischen Ur-Kilo vergleichen zu lassen. Doch ein Herzinfarkt bringt ihn ins Krankenhaus und Marie mitsamt der wertvollen Fracht aus Platin und Iridium nach Paris zum „Kiloseminar“, wo außer ihr viele andere Wissenschaftler mitsamt ihren nationalen Kilobehältern anreisen. Hier lernt Marie den Franzosen Pi kennen, der zwar ein Kollege ist, aber ansonsten mit Marie nicht viel gemeinsam hat. Das Schicksal wird Marie bald wieder nach Paris führen. Aber wird sie auch Pi wiedersehen?
Na klar! Auch wenn alles ganz anders kommt als erwartet und viel weniger erfunden ist, als man vermuten könnte. Alle Details rund um Maße und Gewichte entsprechen den Tatsachen. Das ist dann nicht nur interessant, sondern besitzt einen durchaus skurrilen Charme. Wenn ca. 25 Wissenschaftler aus der ganzen Welt mit einheitlichen Regenschirmen und einheitlichen Behältnissen, in denen sich das jeweilige Referenzkilo befindet, im Gänsemarsch durch einen Park staksen, dann ist das ein wirklich komischer Anblick. Der alte Streit, ob man das Referenzkilo vor dem Kalibrieren putzen sollte, flammt ebenso auf wie die Diskussion darüber, ob Maße und Gewichte den Weltfrieden sichern. Marie hat dazu eine sehr klare, sehr humanistisch geprägte Meinung, die sie auch ebenso sachlich wie bestimmt äußert. Ane Dahl Torp spielt mit starker Präsenz die scheinbar unerschütterliche Marie, die so distanziert und trotzdem freundlich ist, wie es sich für eine Führungspersönlichkeit gehört. Sie wirkt ganz unscheinbar und zurückhaltend, ist aber dennoch extrem liebenswert – eine schauspielerische Glanzleistung! Marie bleibt sich stets treu und fällt niemals aus der Rolle. Paris wird für sie zum Ort der Veränderung, und dabei präsentiert sich die Stadt hier nicht als klischeehafte Postkartenversion; also nichts mit Baguette unterm Arm, Chanson auf den Lippen und Tänzchen auf der Champs Elysée. Vielmehr ist es die allgemeine Atmosphäre und natürlich die Persönlichkeit von Pi, die auf Marie wirken.
Bent Hamer hat für seine Geschichte nicht nur überzeugende, originelle Charaktere gefunden, sondern er schafft mit seiner Kombination von sparsamen Dialogen, strenger Ästhetik und ruhigen, oft kunstvoll gedehnten Bildern eine besondere Form der Komik, die optisch hochgradig spannend ist und ein cineastisch interessiertes Publikum begeistern wird. Hinzu kommt einer der hübschesten Schlussgags der jüngeren Filmgeschichte, der ebenso unerwartet wie logisch ist, aber vor allem richtig peppig!
Gaby Sikorski