Edwin Moses war fast zehn Jahre lang das Nonplusultra über die 400-m-Hürden: 9 Jahre, 9 Monate und 9 Tage lang verlor er kein einziges Rennen in dieser Disziplin – eine unglaubliche Karriere.
Der renommierte Dokumentarfilmer Michael Wech geht in seinem Sport-Biopic auf Spurensuche, um das Geheimnis von Moses‘ unglaublicher Siegesserie zu enthüllen und gleichzeitig dem seinerzeit fast unnahbaren Superstar menschlich ein wenig näherzukommen.
Webseite: https://www.majestic.de
Deutschland 2024
Regie: Michael Wech
Buch: Markus Brauckmann
Bildgestaltung: Martin Christ, Johannes Imdahl
Mitwirkende: Edwin Moses, Samuel L. Jackson, Spike Lee, Julian Moses, Karsten Warholm, Tommie Smith, Michael Johnson u.a.
Musik: Stefan Döring
Länge: 105 Minuten
Verleih: Majestic Filmverleih GmbH
Start: 05.12.2024
FILMKRITIK:
„13 Steps“ folgt chronologisch dem Lebens- und Karriereweg des Edwin Moses, Jahrgang 1955. Zu Beginn gibt es nostalgisch anmutende, mit der Super-8-Kamera gefilmte Bilder aus seiner Kindheit. Da ist auch die Hecke zwischen seinem Elternhaus und dem Nachbargrundstück zu sehen, über die er auf der Flucht vor dem Nachbarshund zu springen pflegte. Doch nicht (nur) dieses frühe Training legte den Grundstein für Moses‘ Leichtathletik-Weltkarriere: Den entscheidenden Kick bekam er beim Physikstudium auf dem Morehouse-College, als er auf die Idee kam, den 400-m-Hürdenlauf wissenschaftlich zu durchdringen und – in Zeiten, als es noch keine Homecomputer gab – akribisch zu berechnen. Moses fand heraus, dass er mit 13 Schritten zwischen den Hürden auskommen musste, um in den Kurven eine auf dieser Basis errechnete Ideallinie laufen zu können, die ihm beim Erreichen der achten von zehn Hürden einen entscheidenden Vorsprung sichern würde.
Tatsächlich gelang es ihm, diese Erkenntnis durch hartes Training leichtathletische Wirklichkeit werden zu lassen und 1976 in Montreal seine erste Goldmedaille zu gewinnen. Zwischen 1977 und 1987 blieb er dann in 122 aufeinanderfolgenden Rennen ungeschlagen und veränderte die Welt der Leichtathletik nachhaltig. Er engagierte sich stark für die Professionalisierung des Sports und setzte seinen Superstar-Status ein, um eine angemessene Honorierung der Leichtathleten durchzusetzen. Bereits als aktiver Athlet wurde er zu einem der wichtigsten Fürsprecher des „sauberen“ Sports, nach Beendigung seiner Karriere setzte er dieses Engagement fort, auch als Mitglied der Anti-Doping-Kommission im NOK der USA.
Diese – auch nach heutigen Maßstäben – unglaubliche Karriere wird nicht nur von Moses selbst erzählt, der locker lächelnd in die Kamera plaudert. Seine Brüder kommen ebenso zu Wort wie zwei seiner nicht ganz unbekannten Kommilitonen am Morehouse College, Samuel L. Jackson und Spike Lee.
Die sorgsam recherchierte Doku zeigt viele Originalaufnahmen und beschränkt sich dabei nicht auf Moses‘ sportliche Karriere, sondern sie stellt sein ganzes Leben und das seiner Sportlergeneration in den Fokus. Breiten Raum nimmt dabei die Rassendiskriminierung in den USA ein, der seinerzeit viele Sportler ausgesetzt waren. Der Auftritt von Moses‘ Freund Tommie Smith, der 1968 auf dem olympischen Siegerpodest mit der „Black-Panther-Faust“ für gleiche Rechte demonstriert hatte und prompt seine Medaille aberkannt bekam, ist besonders bewegend. Auch dies war ein prägender Moment für Moses‘ Leben und Karriere. Es geht also nicht nur um den Sport an sich, um Siege, Medaillen und Rekorde, sondern der Film betrachtet sowohl Edwin Moses als auch seinen Werdegang im historischen – im politischen und sozialen – Kontext.
„13 Steps“ ist eine Sportdoku, die sehr viel Spaß macht, nicht nur weil sie gut gemacht ist – die Macher zeichnen unter anderem auch für „Nowitzki“ und „Kroos“ verantwortlich). Der Film richtet sich an ein Publikum, das nicht nur aus Leichtathletikfans besteht, sondern er wendet sich an alle, die sich für Sport interessieren und für die Veränderungen, die er in den letzten 50 Jahren durchlaufen hat. Und er bietet die Erinnerung an eine der ganz großen Sportlegenden – an einen Menschen, der nicht nur während seiner aktiven Zeit, sondern auch danach die Leichtathletik geprägt hat. Superstars wie Edwin Moses haben auch früher schon ihr sportliches Leben in der Öffentlichkeit geführt und ihr Privatleben weitestgehend geschützt. Edwin Moses hat ebenfalls immer eine gewisse Distanz gewahrt und sich von niemandem vereinnahmen lassen. Das ist in diesem Film ebenfalls zu spüren und macht ihn zusätzlich sympathisch.
Gaby Sikorski