A Killer Romance

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Eine Geschichte, wie sie das Leben schreibt – zumindest fast. Es ist kaum zu glauben, aber in Ansätzen erzählt „A Killer Romance“ tatsächlich eine wahre Geschichte, die auf dem Leben von Gary Johnson basiert, einem Universitätsprofessor, der durch Zufall zu einem Auftragskiller wurde – zumindest zum Schein. Eine skurrile Geschichte, die Richard Linklater als schwarze Komödie inszeniert und mit einigen seiner Lieblingsthemen anreichert.

Hit Man
USA 2023
Regie: Richard Linklater
Buch: Richard Linklater & Glen Powell
Darsteller: Glen Powell, Adria Arjona, Austin Amelio, Retta, Molly Bernard, Evan Holtzman, Mike Markoff

Länge: 113 Minuten
Verleih: Leonine
Kinostart: 4. Juli 2024

FILMKRITIK:

An einer Universität in New Orleans unterrichtet Gary Johnson (Glen Powell) Philosophie und versucht seinen bedingt aufmerksamen Studenten das Konzept nahezubringen, dass jeder Mensch praktisch alles aus seinem Leben machen kann, dass die eigene Identität form- und veränderbar ist.

Auf den ersten Blick wirkt Johnson nicht unbedingt wie ein gutes Beispiel für dieses Konzept, denn er lebt allein mit zwei Katzen namens Id und Ego, fährt ein unscheinbares Auto und wirkt mit seinem Kassengestell und den schlierigen Haaren wie ein typischer College-Prof. Doch als Nebenjob arbeitet Gary für die Polizei, baut kleine Überwachungskameras und assistiert bei Undercoveroperationen. Eigentlich nur aus dem Hintergrund, doch weil der Kollege Jasper (Austin Amelio) vorübergehend suspendiert wird, wird Gary kurzerhand befördert: Er soll als scheinbarer Auftragskiller agieren, um potentielle Kunden zu überführen, die ihren Ehepartner oder andere unliebsame Menschen ermorden lassen wollen.

Erstaunlicherweise entwickelt Gary großes Talent in seiner neuen Rolle, doch eines Tages sitzt ihm die attraktive Madison (Adria Arjona) gegenüber, die ihren gewalttätigen Mann töten lassen will. Statt den Auftrag anzunehmen und Madison ins Gefängnis zu bringen, beginnt Gary jedoch mit Madison zu flirten – und ihr den Auftragsmord auszureden. Und nicht nur das: Die beiden beginnen eine Affäre, die Gary in vielfache ethische Konflikte bringt.

Gary Johnson hat es tatsächlich gegeben, er lebte in Houston und agierte sehr erfolgreich als Lockvogel, mit dessen Hilfe die Polizei Menschen überführte, die einen Auftragskiller suchten. Eine nicht ganz unproblematische Methode, wie auch in Richard Linklaters loser Verfilmung von Johnsons Leben angedeutet wird: Immer wieder sieht man da Johnson potentielle „Kunden“ zu dezidierten Aussagen, also Geständnissen drängen, die ansonsten vielleicht gar nicht gefallen wären.

Doch auch ein anderer Aspekt wird beleuchtet: Die Frage, ob manche Menschen nicht tatsächlich den Tod verdienen, ob ein Auftragskiller oder die Todesstrafe – also quasi die gesellschaftlich legitimierte Form des Mordes – nicht eine notwendige Methode darstellen, um eine Balance zu halten, um das Böse in einer Gesellschaft zu eliminieren. In seinem Uni-Seminar lässt Gary diese Fragen diskutieren, während er sich in seinem Nebenjob zunehmend mit der Rolle des Auftragskillers anfreundet, anfangs noch, ohne sie wirklich bis zum letzten auszuüben.

Nach und nach ändert sich seine Rolle, seine Identität, wird er vom verkopften Uni-Prof zum lässigen Killer, der mit Madison eine sexuell aufgeladene Affäre eingeht, die auch davon lebt, dass sie glaubt, mit einem Killer ins Bett zu gehen. Das hätte auch der Stoff für ein schweres, von moralischen Fragen geprägtes Drama werden können, doch Richard Linklater neigt wie stets zu einer lässigeren, leichteren, aber keineswegs oberflächlichen Form. Auch wenn der Tonfall an eine schwarze Komödie erinnert: unterschwellig werden in „A Killer Romance“ moralische Fragen verhandelt, die den zunächst absurd anmutenden Ansatz auf überraschende Weise entwickeln.

 

Michael Meyns