Adieu Chérie – Trennung auf Französisch

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Eine Langzeit-Ehe, eine unglückliche Ehefrau, dazu noch die Midlife Crisis, Untreue, Eifersucht … ein paar bekannte Themen werden hier – auch dank der beiden Stars Karin Viard („Verstehen Sie die Beliers?“ und Franck Dubosc („Die Rumba-Therapie“) als Ehepaar mit verkehrten Rollen – so originell und witzig variiert, dass die französische Komödie von Philippe Lefebvre zum witzigen Kino-Sommerspaß wird – beste Unterhaltung rund um eine Trennung aus Liebe.

Webseite: https://happy-entertainment.de/adieu-cherie/
Originaltitel: Nouveau départ
Frankreich 2024
Regie: Philippe Lefebvre
Drehbuch: Philippe Lefebvre, Maria Pourchet
Darsteller: Franck Dubosc, Karin Viard, Clotilde Courau, Tom Leeb, Youssef Hajdi
Kamera: Axel Cosnefroy
Musik: Philippe Kelly
Länge: 97 Minuten
Verleih: Happy Entertainment
Start: 22. August 2024

FILMKRITIK:

Das letzte Küken hat das Nest verlassen, die Kinder sind aus dem Haus. Während sich Alain auf die neue Freiheit freut, kommt Diane damit überhaupt nicht zurecht. Sie steckt in einer Lebenskrise – der Midlife-Crisis, von der normalerweise eher Männer betroffen sind. Aber hier nicht, denn Alain geht es prima: Er ist Pianist bei den Pariser Philharmonikern und fühlt sich rundum wohl. Diane hingegen kombiniert ihre Midlife-Crisis mit den Wechseljahren. Als Redakteurin einer angesagten Lifestyle-Zeitschrift fühlt sich Diane ständig damit konfrontiert, dass sie zum alten Eisen gehört. Jetzt ist auch noch ein Ex-Praktikant ihr Chef geworden: Stéphane, einer von diesen Typen, die so cool und charmant sind, dass man ihnen kaum widerstehen kann. Als in der Redaktion der Blumenstrauß eines unbekannten Verehrers für sie eintrifft, merkt Diane schnell, wie gut ihr die Aufmerksamkeit tut. Tatsächlich wird sofort wild spekuliert, dass Diane ein Verhältnis mit Stéphane hat. Sie fühlt sich geehrt und feuert das Gerücht selbst an, bis es bei Alain landet, der sofort sicher ist, dass Diane ihn betrügt. Ein klärendes Gespräch endet im Desaster, und schließlich gehen die beiden nach 30 Jahren getrennte Wege. Zwei Singles wider Willen.

Es gibt hier schon so einiges, was an aktuelle französische Komödien erinnert, an „It’s Raining Men“ von Caroline Vignal oder „Liebesbriefe aus Nizza“, der Anfang August 2024 startet. Die Parallelen sind offensichtlich: Im Mittelpunkt stehen verheiratete Frauen jenseits der 50. Es geht um den Ausbruch aus der Ehe und um den Umgang miteinander nach vielen Jahren des Zusammenlebens. Doch während sich in den beiden anderen Filmen jeweils eine glücklich verheiratete Frau nach Sex und Leidenschaft sehnt, geht es hier um mehr, nämlich um die erweiterte Sinnsuche. Diane ist mit sich selbst unzufrieden, sie wehrt sich gegen das Älterwerden und kreist dabei ständig so um sich selbst, dass für nichts anderes mehr Platz ist, nicht einmal für ihren Mann, der sie von ganzem Herzen liebt und immer noch begehrt. Dianes sexbesessene Freundin Jeanne ist zwar anderer Meinung, aber bei Diane geht es nicht um Sex, es geht ums große Ganze, ums Eingemachte sozusagen.

Eigentlich ist das ein typischer Stoff für eine Tragödie, aber Philippe Lefèbvre und seine Ko-Autorin, Maria Pourchet, haben daraus eine burleske Komödie gemacht, in der auch mal deftig Klartext geredet wird, ohne dass dabei die Eleganz der Inszenierung leidet – ein schwieriges Kunststück, das hier prima gelungen ist. Dank eines angemessen verzwickten und intelligenten Drehbuchs voller kleiner Nebengeschichten und mit einer tollen Besetzung hält auch die Inszenierung ein beachtlich hohes Niveau. Die Dialoge sind manchmal rustikal, aber ohne jemals ordinär oder platt zu werden. Das Publikum kann sich hier auf eine Wohlfühlkomödie mit durchgängigem Lächelmodus freuen, der vielleicht ab und an durch Gekicher bereichert werden könnte.

Karin Viard spielt die Diane mit leiser, einfühlsamer Komik, ihre tiefhängenden Mundwinkel und offenkundig genervten Blicke zeigen sie als Frau, die nicht zuhört, wenn jemand mit ihr spricht, weil sie nur mit sich selbst beschäftigt ist. Sie weiß es noch nicht, aber sie möchte sich wiederfinden, vielleicht auch mal im Bett mit Stéphane, ihrem unverschämt attraktiven Chef. Tom Leeb spielt ihn als absolut unwiderstehlichen Frauenschwarm. Dianes beste Freundin ist die Autoverkäuferin Jeanne, herrlich komisch gespielt von Clotilde Courau, die vollkommen schmerzfrei ihre männliche Kundschaft anbaggert und sogar versucht, Alain ins Bett zu kriegen – er ist ja jetzt frei. Franck Dubosc, der mit dem Alter immer sympathischer wirkt, spielt Alain als sensiblen Optimisten, dessen Weltbild durch die Ehekrise ins Wanken gerät. Sein Konzept: „Ich liebe dich, also gehe ich“, erweist sich als kreuzdämliche Idee. Aber so viel darf verraten werden: Für ein schlichtes Happy End nach guter, alter Tradition ist es hier zu spät – stattdessen gibt es ein paar hübsche Überraschungen in einer sehr witzigen und sehr unterhaltsamen Komödie.

Gaby Sikorski